Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch hat im Streit um die Höhe des Mindestlohns die SPD scharf kritisiert. „Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können“, sagte er dem „Spiegel“. „Um das für möglichst viele zu erreichen, braucht es eine Änderung des Mindestlohngesetzes. Leider hat die SPD eine gesetzliche Regelung aufgegeben, die Union hat sich beim Thema Mindestlohn in den Verhandlungen komplett durchgesetzt.“
Zwar pocht die SPD auf einen Mindestlohn von 15 Euro. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es allerdings relativ weich: Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns werde sich die Mindestlohnkommission „im Rahmen einer Gesamtabwägung“ sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten „orientieren“. Auf „diesem Weg“, so die Koalitionäre, sei „ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“.
Audretsch kritisierte, der Koalitionsvertrag sei lediglich „Willensbekundung und Prosa für die SPD-Seele, keinerlei Veränderung der Realität“. Klare Regelungen im Mindestlohngesetz zu schaffen, heiße, „eine ernst zu nehmende Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie“ zu schaffen, so der Grünen-Politiker. Es müsse daher „als untere Haltelinie ein gesetzlicher Mindestlohn von 60 Prozent des Bruttomedianlohns eingezogen werden“.
Audretsch mahnte eine grundsätzliche Überarbeitung der bisherigen gesetzlichen Regelungen auch an anderen Stellen an. Das Mindestlohnkommission-Gesetz sollte so geändert werden, dass das Gremium auch künftig schneller auf wirtschaftliche Ereignisse reagieren könne. So sei zuletzt im Sommer 2023 die Höhe des Mindestlohns bis Ende 2025 festgelegt worden. „Dieser Zeitraum ist viel zu lang, insbesondere in Zeiten hoher Unsicherheiten über Preissteigerungsraten und Lohnabschlüsse“, beklagte der Fraktionsvize.