Pistorius für offene Debatte über Stationierung von US-Raketen

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat den innerparteilichen Widerstand aus der Sozialdemokratie gegen die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland grundsätzlich begrüßt.

Die Debatte sei „wichtig, damit wir als Gesellschaft nach Abwägung aller Argumente zu einer Haltung finden, mit der wir alle gut leben können“, sagte er der FAZ. „Die Debatte über die Stationierung der weitreichenden Waffen aus den USA hat mit einer scharfen Gegnerschaft innerhalb der SPD nichts zu tun.“

Der Sozialdemokrat reagierte damit erstmals auf entschiedene Kritik aus den eigenen Reihen an der geplanten Stationierung, die kürzlich zunächst der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich formuliert hatte. Mützenich hatte gewarnt: „Die Raketen haben eine sehr kurze Vorwarnzeit und eröffnen neue technologische Fähigkeiten. Die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation ist beträchtlich.“

Zudem forderte Mützenich, man solle Moskau ein Verhandlungsangebot unterbreiten, um die Stationierung noch abzuwenden. Eine Gruppe „Frieden 2.0“ um den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans hatte Unterstützung für Mützenich eingefordert und gewarnt: „Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob unser dicht besiedeltes Land zum Ziel eines atomaren Erstschlags werden könnte.“

Pistorius, der den Widerstand in den eigenen Reihen zunächst nicht kommentiert hatte, sagte nun, zu der wichtigen Diskussion „müssen auch Volksparteien beitragen“. Man brauche diese öffentliche Debatte, um den Ernst der Lage klarzumachen: „Einerseits erleben wir durch das aggressive Auftreten Russlands eine neue Bedrohungslage in Europa, andererseits haben wir eine Fähigkeitslücke, die wir kurzfristig nur mithilfe der USA-Verbündeten schließen können.“

Der frühere Dreisterne-General und Nato-Verantwortliche für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung, Heinrich Brauß, nannte Mützenichs Forderung nach Verhandlungen unterdessen „absurd“. Brauß sagte der FAZ: „Es ist eine absurde Vorstellung, ein solches Angebot gegenüber einem Aggressor zu unterbreiten, der gerade einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine führt.“


Foto: Boris Pistorius (Archiv) [dts]