In der Wirtschaft stoßen die Pläne des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU) für schärfere Grenzkontrollen auf Widerstand. „Schon die Coronakrise hat gezeigt, dass ein eingeschränkter Grenzverkehr die Konjunktur belasten kann“, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe).
Bei dem Ziel, irreguläre Migration einzudämmen, sollte die Politik daher „im Blick behalten, dass wichtige Lieferungen und grenzübergreifender Handel möglichst störungsfrei funktionieren“. Ein funktionierender europäischer Binnenmarkt und der Schengen-Raum seien für die stark international vernetzte deutsche Wirtschaft „essenziell“, so Treier.
Der DIHK-Experte warnte auch vor größeren Einschränkungen für Grenzpendler und Dienstleister. Konkret nannte er den regionalen Einzelhandel, die grenznahe Gastronomie sowie den Pflege- und Gesundheitsbereich. Diese Branchen seien auf einen freien Waren- und Personenverkehr angewiesen, sagte er. Treier wies zudem darauf hin, dass verstärkte Kontrollen für die Unternehmen höhere Lagerkosten zur Folge hätten. Auch sogenannte „Just-in-time-Lieferungen“ würden schwieriger. „All das ist in konjunkturell angespannten Zeiten eine weitere Belastung für die Wirtschaft.“
Außenhandelspräsident Dirk Jandura forderte, die Kontrollen zeitlich zu begrenzen. „Wenn verstärkte Kontrollen für den Schutz der Bevölkerung notwendig sind, akzeptieren wir das natürlich“, sagte Jandura dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Aber diese Einschränkungen sollten nur vorübergehend sein.“
Die Logistikbranche setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Innen- und dem Verkehrsministerium, um größere Probleme zu verhindern. Gegebenenfalls könne man „Green Lanes“ etablieren, sagte Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). Green Lanes sind Extra-Fahrspuren nur für den Güterverkehr, auf denen die Lkw ohne oder nur mit geringer Verzögerung die Grenzen passieren können.
Die Begriffe „illegalen Migration“, „irreguläre Migration“ und „undokumentierte Migration“ werden häufig synonym verwendet. Der Großteil der Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen, gilt zunächst als „illegal eingereist“, da sie Asylanträge nicht vor ihrer Einreise stellen können. In Deutschland können sie allerdings das Grundrecht auf Asyl oder die Garantien der Genfer Flüchtlingskonvention wahrnehmen und legal ein Asylgesuch stellen. Werden die Anträge genehmigt, gelten die Flüchtlinge als regulär aufhältig.