Nachdem die USA die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine gestoppt haben, schwindet in Deutschland das Vertrauen in den jahrzehntelangen Partner CIA und andere US-Geheimdienste. Sicherheits- und Innenpolitiker mehrerer Bundestagsfraktionen äußern sich besorgt über die Entwicklung und fordern einen deutlichen Ausbau der Fähigkeiten deutscher Geheimdienste, wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitagausgabe) berichtet.
Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter spricht angesichts der Ukraine-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump von einem schweren Schlag. „Das wird zu mehr Opfern führen und auch unsere Sicherheit intensiver bedrohen“, sagte Kiesewetter der „Süddeutschen Zeitung“. „Für unsere eigene Kooperation muss klar sein, dass auf die USA kein Verlass mehr ist und wir deshalb in Europa absolut dringlich eigene Aufklärungsfähigkeiten aufbauen müssen.“
Zu befürchten sei, „dass die Kooperation mit den US-Diensten brüchig wird, also beispielsweise Warnungen vor Terroranschlägen oder Bewegungen russischer Agenten ausbleiben werden“. Trump baue die USA zu einem oligarchisch-autokratischen System um, sagte Kiesewetter. „Das macht auch vor der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit keinen Halt.“
In der künftigen Regierungskoalition werden bereits Forderungen laut, die eigenen Dienste aus- und umzubauen. „Bei Personal, finanziellen Ressourcen, der Rechtsgrundlage und den Befugnissen müssen wir mehr tun“, sagte Sebastian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der SZ. „Die neue Regierung wird deutlich mehr in die Nachrichtendienste investieren müssen.“ Deutschland brauche etwa das, was andere Länder schon vorgemacht hätten: „Eine stärkere Ausrichtung unserer Nachrichtendienste auf den Cyber- und Informationsraum.“
So sieht es auch die Union, die besonders im digitalen mehr Befugnisse fordert. Deutschlands Sicherheit hänge „ganz maßgeblich davon ab, dass wir unsere Behörden so schnell wie möglich substantiell ertüchtigen“, sagte Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Und auch die Grünen mahnen den Ausbau an. „In dieser Zeit und Lage ist es zwingend, dass die Nachrichtendienste in Deutschland und Europa sehr viel mehr Ehrgeiz, Geld und politisches Gewicht in die nachrichtendienstliche Arbeit stecken“, sagte Konstantin von Notz, Vize-Fraktionschef der Grünen und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste. Von Notz fordert eine neue europäische Lösung: „So wie die besondere Kooperation der Five Eyes in den letzten Jahrzehnten wegweisend war, könnte ein besonders enger Verbund führender Europäischer Dienste als EuroEyes relevant die Sicherheit Europas stärken.“