Grüne und Linke kritisieren Vorgehen bei Verfassungsrichter-Wahl

Grüne und Linke kritisieren Vorgehen bei Verfassungsrichter-Wahl

Nach dem neuen Vorschlag der Regierungsfraktionen für die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts zeigen sich die Grünen und Linken pikiert über das schwarz-rote Vorgehen und lassen eine Zustimmung zur Kandidatin Sigrid Emmenegger offen. „Auch uns hat ein Name für eine vorzuschlagende Person erreicht, wir werden uns jetzt zeitnah dazu austauschen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann dem „Stern“ am Mittwoch. „Dass man nicht auf unsere Rückmeldung wartet, ist reichlich unprofessionell angesichts der Vorgeschichte.“

Die Linke zeigte sich ebenfalls kritisch. „Für uns als Linke ist klar: Die Koalition muss jetzt so schnell wie möglich mit uns das Gespräch suchen, um für demokratische Mehrheiten zu sorgen und weiteres Chaos zu verhindern“, sagte Clara Bünger, innenpolitische Sprecherin der Linken und Mitglied im Wahlausschuss des Bundestags, der „Rheinischen Post“ am Mittwoch.

Bünger forderte explizit auch die Union zu Gesprächen auf. „Die CDU darf sich dabei nicht hinter der SPD verstecken, sondern muss endlich ihre ideologischen Scheuklappen ablegen und sich mit uns an einen Tisch setzen“, so Bünger.

Sie zeigte sich überrascht, dass der Name öffentlich bekannt wird, bevor alle offenen Fragen geklärt wurden. „Die Vorgänge vom letzten Mal lassen nichts Gutes hoffen, hier ist jetzt vor allem die Union gefordert, sich nicht wieder an rechten Hetz-Kampagnen zu beteiligen, die die Kandidatin zu beschädigen versuchen.“ Zum konkreten Vorschlag wolle sich die Linke „in den nächsten Tagen“ in der Fraktion beraten.

Die AfD kündigte an, die Personalie prüfen zu wollen. „Wir werden die neue Kandidatin und deren Positionen sorgfältig prüfen und uns danach ein Urteil bilden“, sagte Stephan Brandner, stellvertretender AfD-Bundessprecher und Mitglied im Wahlausschuss des Bundestags, der „Rheinischen Post“ am Mittwoch. „Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass sich Frau Emmenegger auch unserer Fraktion vorstellen wird, wenn sie dies bei anderen so handhabt.“

Die rechtspolitische Sprecherin der SPD, Carmen Wegge, zeigte sich optimistisch, dass die Kandidatin die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag erreichen wird. „Frau Emmenegger ist eine starke und progressive Frau, die eine unumstrittene fachliche Expertise hat“, sagte sie dem „Tagesspiegel“ (Donnerstagausgabe). „Ich freue mich sehr, dass wir uns mit der Union erneut einigen konnten.“ Sie rechne damit, dass nun die Kandidaten gewählt werden können.

Für die Wahl von Verfassungsrichtern ist im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit nötig. Emmenegger bräuchte also nicht nur die Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, sondern auch die Unterstützung von Grünen und Linken oder stattdessen von der AfD.

Vor der Sommerpause des Bundestages war die Wahl der Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin gescheitert. Die Union hatte Brosius-Gersdorf am Morgen des Wahlgangs die zuvor zugesicherte Unterstützung entzogen.