Der Energieberaterverband GIH sieht deutliche Fortschritte bei der Wärmewende und warnt vor einer Rückabwicklung des sogenannten Heizungsgesetzes. „Der Kipppunkt scheint trotz aller politischen Unsicherheiten erreicht: Während früher häufig Hybridlösungen als Brückentechnologie gewählt wurden, erleben wir aktuell einen deutlichen Trend hin zu vollelektrischen Wärmepumpen“, sagte der GIH-Vorsitzende Stefan Bolln der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
In Hamburg und Schleswig-Holstein gebe es bereits seit einiger Zeit Landesverordnungen, die einen einfachen Austausch gegen fossile Heizsysteme kaum mehr zuließen. „Das Gebäudeenergiegesetz wirkt dort fast bremsend“, so Bolln. Die Akzeptanz steige – auch, weil sich Preise für Wärmepumpen stabilisierten, das Handwerk Erfahrung gesammelt habe und sich ein echter Wettbewerb um effiziente Systeme entwickele.
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) überarbeitet derzeit das Gebäudeenergiegesetz (Heizungsgesetz) der Ampelregierung. „Wir rechnen im Herbst mit ersten Vorschlägen“, sagte Bolln und warnte vor Rückschritten beim Klimaschutz.
Nach geltender Rechtslage müssen neue Heizungsanlagen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. „Diese Vorgabe ist aus Sicht des GIH ein zentraler Baustein für die Wärmewende, und daran sollte Frau Reiche nicht rütteln“, mahnte der GIH-Chef.
Die Vorgabe sei bereits technologieoffen formuliert und erlaube neben Wärmepumpen auch Lösungen mit Biomasse, Solarthermie, Fernwärme und hybride Systeme. „Noch technologieoffener zu werden hieße letztlich, wieder den Weg für fossiles Erdgas oder Heizöl freizumachen. Das wäre ein klimapolitischer Rückschritt.“ Der GIH setze darauf, dass Ministerin Reiche „die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung ernst nimmt und sich am breiten gesellschaftlichen Konsens für mehr erneuerbare Wärme orientiert“.
Zugleich forderte der GIH-Chef Korrekturen bei der Förderung, die für Maßnahmen im Bestand „entscheidend“ sei: „Die Grundförderung der Bundesförderung für effiziente Gebäude sollte bei Hüllmaßnahmen von aktuell 15 Prozent deutlich angehoben werden“, sagte Bolln der NOZ. „Auch der Einkommensbonus, der bislang nur für Einzelmaßnahmen bei Heizungsanlagen greift, sollte auf Effizienzmaßnahmen wie Dämmung oder energetische Komplettsanierungen ausgeweitet werden.“ Wer neben einer neuen, klimaschonenden Heizung weiterhin eine fossile Heizung – etwa eine Gastherme – betreibe, sollte aus Sicht des GIH aber „nur eine reduzierte Förderung erhalten“.
Die erforderlichen Investitionen von „deutlich unter einer Milliarde pro Jahr“ lohnten sich mehrfach, sagte Bolln: „Sie stärken das Handwerk, steigern die energetische Qualität des Gebäudebestands und führen über zusätzliche Aufträge, Einkommen und Mehrwertsteuer zu staatlichen Rückflüssen. Die volkswirtschaftliche Bilanz fällt damit klar positiv aus.“