Der Jurist Daniel Thym fordert eine grundlegende Reform des Asylrechts. „Wir brauchen eine gewisse Härte, wenn es um Asylpolitik geht“, sagte der Juraprofessor, der in ausländer- und asylrechtlichen Fragen die Union berät, dem „Spiegel“.
Kurzfristige Maßnahmen, auf die sich Union und SPD nun in den Sondierungsgesprächen geeinigt hätten, wie Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen und den Familiennachzug einzuschränken, seien zwar „jetzt gut und richtig“. Nachhaltig aber sei das nicht.
Wenn der neuen Bundesregierung keine tiefgreifende Reform gelinge, werde die Bevölkerung „bei der nächsten Krise endgültig den Glauben an unser Asylrecht verlieren“. Und dann würden die radikalen Kräfte gewinnen. Nach einer grundlegenden Reform, so sein Vorschlag, soll ein Asylbewerber nur noch einen einzigen Antrag stellen dürfen und nicht mehr weitere Anträge in anderen EU-Ländern. So sei das 2016 auf EU-Ebene ursprünglich vorgesehen gewesen, aber nie in Gesetzesform gegossen worden.
Auch Sozialleistungen sollte es nach Ansicht Thyms nur in dem Land geben, in dem jemand Asyl beantragt und erhalten hat. Laut Thym könnten für einige Länder mittelfristig auch „Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb Europas eine sinnvolle Antwort sein“. An den EU-Außengrenzen sollten seiner Vorstellung nach Transitzentren eingerichtet werden; die Zahl der täglichen Asylanträge solle limitiert werden, Asylbewerber müssten sich vorher anmelden: „Alle, die keinen Termin für einen Asylantrag erhalten, dürfen nicht einreisen. Sie würden nach einem extrem kurzen Verfahren mit strengen Prüfungsstandards zurückgewiesen, außer wenn eindeutig und unmittelbar Verfolgung droht.“
Wer einen Asylantrag gestellt habe, bleibe danach mehrere Wochen im Transitzentrum quasi in Haft, bis über seinen Antrag entschieden sei. „Wenn jemand an der EU-Außengrenze um Asyl sucht, finde ich es grundsätzlich tragbar, dass er zwölf oder 16 Wochen in einem solchen Transitzentrum warten muss, bis klar ist, ob er schutzbedürftig ist“, so Thym. Bei Familien und Minderjährigen etwa könne man Ausnahmen machen. Für einen solchen „Systemwechsel“ müsse man „die Menschenrechte weniger streng handhaben“ als bisher, notfalls, indem auch die EU-Verträge und die Europäische Menschenrechtskonvention verändert würden. Thym ist Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Uni Konstanz.