Die Pläne der künftigen schwarz-roten Koalition zur Einführung eines Primärarztsystems sorgen bei der Stiftung Patientenschutz für Kritik.
„Die Pläne zur Steuerung der Patienten stoßen schon jetzt auf Ablehnung in der Bevölkerung“, sagte Vorstand Eugen Brysch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochsausgaben). Zwei Drittel der Deutschen würden nicht daran glauben, dass das Primärarztsystem eine bessere Patientenversorgung, zeitnahe Facharzttermine und Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe bringe.
„Zudem müsste jede Hausarztpraxis zusätzlich 2.000 Patientinnen und Patienten betreuen. Dabei gibt es bereits Primärarztpraxen, die Neupatienten abweisen“, so Brysch. Daher stehe zu befürchten, dass solche Doppelstrukturen den Betroffenen mehr schadeten als nützten. In dem sogenannten Primärarztsystem müssen Patienten in der Regel zunächst eine Hausarztpraxis aufsuchen, bevor sie zu einem Facharzt können. Die wohl künftige Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das System einzuführen – mit Ausnahmen für den Augenarzt- und Gynäkologen-Besuch.
Zuspruch für den Vorstoß kommt vom Deutschen Hausärztinnen- und Hausärzteverband. „Ein Primärarztsystem, wie es in vielen europäischen Ländern längst der Standard ist, ist der einzig vernünftige Weg“, sagte die Bundesvorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es bringe eine bessere Qualität bei weniger Ressourcenverschwendung.
Die hausarztzentrierte Versorgung (HZV), an der bundesweit rund zehn Millionen Versicherte teilnehmen, habe sich bereits bewährt und könne als Grundlage für ein flächendeckendes System dienen. „Wir stehen vor der Herausforderung, zukünftig mit immer weniger Ressourcen immer mehr und immer ältere Patientinnen und Patienten versorgen zu müssen“, sagte Buhlinger-Göpfarth.
Notwendig seien mehr Struktur, eine stärkere Einbindung medizinischer Fachangestellter und bessere digitale Lösungen. Die Versorgungsqualität ließe sich laut Buhlinger-Göpfarth durch ein Primärarztsystem deutlich steigern: „Durch die enge und koordinierte Betreuung werden beispielsweise weniger Medikamente verschrieben, die sich nicht vertragen, überflüssige Doppeluntersuchungen vermieden, Krankenhauseinweisungen reduziert usw.“