Der Vizepräsident des Bundestages, Omid Nouripour (Grüne), hält Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen für ein Gebot der Freundschaft. Zur deutschen Staatsräson gehöre, alles zu tun, dass „die Israelis in Frieden leben können und das Land sicher sein kann“, sagte der frühere Grünen-Chef dem Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). „Und dazu gehört wiederum auch, wenn wir sehen, dass die Dinge machen, die die Sicherheit des Landes nicht unbedingt verbessern, dass wir es auch sagen.“
Kritik an „der Kriegsführung in Gaza, ich finde, das gehört zur Freundschaft dazu“, sagte er. Die Annahme, man dürfe Israel nicht kritisieren, „das ist doch alles Unsinn“, so Nouripour.
„Wir haben unter Freunden einander ehrlich und geradeaus die Meinung zu sagen.“ Auf der einen Seite sei Israel angehalten, den deutschen Umgang mit Antisemitismus zu kritisieren. „Und andersrum ist es unser Job, denen zu sagen: Leute, die humanitären Hilfsgüter müssen in Gaza reinkommen.“ Dauerhaften Frieden gebe es nur, „wenn die Palästinenser auch einen eigenen Staat bekommen, der aber die Sicherheit Israels akzeptieren muss“.
Der in Teheran geborene Politiker erzählte davon, wie er selbst in der Schule zum Hass auf Israel erzogen wurde. „Ich habe wie viele andere im Iran auf dem Schulhof `Tod Israel` gerufen und habe in der Schule gelernt, dass Israel ein Unrechtsstaat sei und es müsse weg.“ Israel zerstören zu wollen, sei Teil der iranischen Staatsräson.
Nouripour kam im Alter von 13 Jahren mit seinen Eltern und seiner Schwester als Asylbewerber nach Frankfurt am Main. „Ich habe den Staatsantisemitismus, den ich dort gelernt habe, hierher mitgebracht“, sagte er. „Und ich habe hier erst gelernt, was das für ein abscheuliches Gedankengut ist.“ Dafür habe er viel Hilfe gebraucht. Daher sehe er es als seine Verpflichtung, „zu helfen, dass es anderen auch so geht“. Der Antisemitismus, der aus anderen Staaten nach Deutschland mitgebracht werde, müsse bekämpft werden.
Nouripour warnte zugleich die israelische Regierung vor dem Versuch, das Mullah-Regime militärisch zu beseitigen. „Ich weiß nicht, wie ein kriegerisches Ende des Regimes aussehen soll, ohne dass es zu komplettem Chaos und zu Entropie kommt.“ Der Iran sei eine echte Bedrohung für Israel, und es sei Israels gutes Recht, sich zu wehren, sagte der Grünen-Politiker. „Aber dass Israel jetzt den Regimeumsturz im Iran organisiert – nein.“
Die Versuche von US-Präsident Donald Trump, das Regime in Teheran zu einem neuen Atom-Deal zu zwingen, bezeichnete Nouripour als kontraproduktiv. Das iranische System basiere auf Angst und Gewalt, und die geostrategische Situation verstärke das eher. „Wenn Trump jetzt noch einen Deal seiner Art macht mit den Iranern, wird das eher dazu führen – je nachdem, was das für ein Deal ist -, dass das System gestärkt wird in seinen Grundsäulen.“