Kassenarzt-Chef schlägt „Facharzttarif“ für 200 bis 350 Euro vor

Kassenarzt-Chef schlägt "Facharzttarif" für 200 bis 350 Euro vor

In der Debatte um eine bessere Steuerung und eine höhere Kostenbeteiligung der Patienten hat Kassenarzt-Chef Andreas Gassen einen neuen Vorschlag vorgelegt.

Versicherte, die auch künftig generell ohne Überweisung eines Hausarztes oder eine digitale Ersteinschätzung direkt zu einem Facharzt gehen wollen, müssen danach einen zusätzlichen „Facharzttarif“ mit jährlichen Kosten von voraussichtlich 200 bis 350 Euro abschließen.

„Das Vorhaben der schwarz-roten Koalition, die Versicherten vom Hausarzt steuern zu lassen, ist zwar insbesondere für ältere Menschen mit vielen Krankheiten und Chroniker sinnvoll, aber eben nicht für alle Versicherten“, sagte Gassen dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Gerade jüngere Menschen würden den zusätzlichen Gang zum Hausarzt aber als überflüssig empfinden. „Wer den Facharzttarif abschließt, hat die Wahlfreiheit und kann auch in Zukunft immer direkt zum Facharzt gehen“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Gassen stellte klar, dass ein derartiger Zusatztarif nicht nötig ist, wenn ein Versicherter im Rahmen der geplanten primärärztlichen Versorgung vom Hausarzt an einen Facharzt überwiesen oder ihm bei einer digitalen Ersteinschätzung ein Facharztbesuch empfohlen wird, „Hier bestimmt aber die medizinische Dringlichkeit die Geschwindigkeit dieser Termine“, so der KBV-Chef.

Er argumentierte, durch das Hausarztsystem stehe kein einziger Facharzttermin mehr zur Verfügung. Untersuchungen bei bereits genutzten Hausarztmodellen zeigten vielmehr, dass sich die Inanspruchnahme von Fachärzten nicht ändere. „Nur wenn die Fachärzte einen finanziellen Anreiz für ihre Mehrarbeit bekommen, können und werden sie tatsächlich auch mehr Termine anbieten“, sagte Gassen. „Die Mehreinnahmen aus dem Facharzttarif sollen daher dazu dienen, die zusätzlichen Termine außerhalb des Budgets voll zu vergüten“, sagte er mit Blick auf den bestehenden Kostendeckel, der dafür sorgt, dass die Fachärzte ihre Leistungen derzeit im Schnitt nur zu 80 Prozent vergütet bekommen.

Die von CDU-Politikern vorgeschlagene Gebühr von 200 Euro für jeden direkten Facharztbesuch nannte Gassen zu hoch gegriffen. „Man muss die Kirche im Dorf lassen: Ein Facharztbesuch kostet die gesetzliche Krankenversicherung im Quartal zwischen 60 und 75 Euro“, sagte er.