Wirtschaftsweise Grimm für mehr Tempo bei der Energiewende

Nach der endgültigen Stilllegung von sieben Kohlekraftwerken zum 1. April hat die Wirtschaftsweise Veronika Grimm mehr vorausschauende Planung und eine realistischere Kommunikation über die Strompreisentwicklung von der Bundesregierung gefordert. „Die Versorgungssicherheit dürfte durch die Stilllegung der Kraftwerke nicht gefährdet sein“, sagte Grimm, die zuletzt in den Aufsichtsrat von Siemens Energy berufen wurde, der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe).

„Die Kraftwerke haben etwa 1,5 Prozent der Stromerzeugung geleistet in diesem Jahr. Wir haben noch ausreichend Kapazitäten installiert und sind im europäischen Strommarkt eingebunden“, so Grimm. „Wenn man den Blick nach vorne richtet, ist aber wichtig, parallel zum Kohleausstieg auch den Einstieg in Alternativen schneller voranzutreiben. Hier tut sich die Bundesregierung schwer.“

Grimm forderte den Zubau von Gaskraftwerken und die Diversifizierung der Gasversorgung. Außerdem müssten die Beschaffung von Wasserstoff und der Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken forciert werden. „Wenn die Stromversorgung 2035 schon klimaneutral sein soll, ist das unerlässlich. Aber die Fortschritte sind in dem Bereich noch nicht überzeugend“, sagte das Mitglied des Wirtschafts-Sachverständigenrats.

„Drittens sollte die Bundesregierung unbedingt stärker europäisch kooperieren. Selbst wenn man hier in Deutschland keine Atomkraftwerke möchte, wäre es wichtig, andere europäische Länder nicht zu blockieren“, so Grimm. „Wir profitieren in Deutschland massiv davon, wenn andere Länder nicht durch die Verzögerung der Ausbaupfade in Engpässe hineinlaufen. Eine Verknappung der Stromversorgung in Zentraleuropa erhöht die Preise für alle und senkt die Wettbewerbsfähigkeit“, warnte die Ökonomin.

„Viertens sollte man unbedingt in der Kommunikation realistisch werden: Die Stromkosten werden absehbar nicht deutlich sinken“, erklärte Grimm. „Nun kann die Bundesregierung natürlich durch Subventionen einzelne oder alle Verbraucher entlasten. Irgendjemand muss aber für die Kosten aufkommen, im Zweifelsfall die heutigen oder die zukünftigen Steuerzahler.“

Foto: Veronika Grimm (Archiv) [dts]

 

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