Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat ein härteres Vorgehen gegen Digitalplattformen wie X (vormals Twitter), Tiktok oder Temu angekündigt. „Wir glauben, dass X sich rechtswidrig verhält, das werden wir belegen und nachweisen“, sagte er dem „Spiegel“.
Müllers Behörde wurde von der Bundesregierung auserkoren, die nationale Umsetzung des umfassenden neuen Digital-Gesetzes der EU (Digital Services Act) zu beaufsichtigen und als zentrale Anlaufstelle für Nutzer zu fungieren. Für sehr große Onlineplattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern monatlich ist dem Gesetz zufolge zwar die EU-Kommission selbst zuständig, doch man sammele man bereits Hinweise, inwieweit das soziale Netzwerk X/Twitter seinen Aufsichtspflichten nicht nachkomme und Desinformationskampagnen nicht unterbinde, so Müller.
Man bereite diese Informationen gerade „gerichtsfest“ auf und schicke sie nach Brüssel, „wo sich EU-Kommissar Thierry Breton und seine Leute darum kümmern werden“. Er hoffe, dass die Kommission an diesem Fall „ein Exempel statuiere“. Das koordinierte Vorgehen auf EU-Ebene sei dringend notwendig. „Keine der relevanten Plattformen, die Ärger machen, hat ihren Sitz in Deutschland. Sie residieren häufig in den USA und zunehmend auch in China, ihre Europazentralen sind oft in Irland oder Zypern“, sagte der Chef der Bundesnetzagentur: „Wenn wir wirksam gegen sie vorgehen wollen, geht das nur im europäischen Gleichschritt.“
Zu den neuen Aufgaben seiner Behörde gehöre es etwa zu überprüfen, ob Onlineanbieter über die vorgeschriebenen Meldesysteme für Hassrede verfügten und bei entsprechenden Meldungen von Nutzern zuverlässig Abhilfe schafften. Es gehe aber auch um Produktsicherheit. Konkret erwähnte Müller den chinesischen Billig-Onlinehändler Temu: „Sollten große chinesische Anbieter wie Temu systematisch gefährliche Geräte verschicken, bei denen etwa die Gefahr eines Stromschlags besteht, werden wir oder die EU-Kommission dagegen vorgehen“, sagte Müller dem „Spiegel“.
Der Behördenchef widersprach Befürchtungen, der Digital Services Act könne zur Zensur von sozialen Netzwerken missbraucht werden. Auf die Kritik, seine Behörde sei politisch nicht unabhängig und damit als Digitalaufseher keine Idealbesetzung, entgegnete Müller: „Wir werden unsere Unabhängigkeit unter Beweis stellen“, es werde zudem „keine Weisungen aus Berlin geben“.
Noch kann seine Behörde ihre zusätzliche Aufgabe nicht offiziell wahrnehmen, weil das notwendige deutsche Umsetzungsgesetz für Digitale Dienste nicht rechtzeitig verabschiedet wurde. Er hoffe, dass dies bis Pfingsten geschehe, so Müller.
Foto: Junge Frauen mit Smartphone (Archiv) [dts]