Die Unionsfraktion im Bundestag besteht auf zentralen Änderungen des Gesetzentwurfs zum Wehrdienst von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). „Die Gesetzgebung wird im Parlament gemacht, und dort haben die Koalitionsfraktionen intensiv gearbeitet“, sagte Unions-Fraktionsvize Norbert Röttgen (CDU) der „Welt am Sonntag“. „Wir haben eine gemeinsame Position gefunden, die nun in Form von Änderungsanträgen in den Regierungsentwurf einfließt.“ Nach der Anhörung der Sachverständigen am 10. November werde der Regierungsentwurf angepasst und voraussichtlich noch in diesem Jahr verabschiedet.
Röttgen pocht insbesondere darauf, dass klare Zielmarken für den personellen Aufwuchs der Bundeswehr definiert werden. „Die Aufwuchszahlen für aktive Soldaten und die Reserve müssen im Gesetz festgeschrieben werden – transparent und überprüfbar“, so der CDU-Politiker. „Nur so lässt sich erkennen, ob wir beim Personalaufwuchs im Plan sind. Davon hängt das gesamte Stufenkonzept ab, das wir in den Fraktionen erarbeitet haben, um die Bundeswehr Schritt für Schritt personell zu stärken. Transparenz ist hier eine Frage der Verteidigungsfähigkeit und darum nicht verhandelbar.“
Auch für das von den Fraktionen vorgeschlagene Losverfahren zur Auswahl von Wehrpflichtigen sieht Röttgen bislang keine Alternative. „Der entscheidende Punkt ist der militärisch definierte Bedarf. Wir brauchen deutlich mehr Soldaten als heute, aber nicht unbegrenzt viele.“ Dafür müssten aus jedem Jahrgang von einigen Hunderttausend jungen Männern gezielt die paar Zehntausend ausgewählt werden, die nötig seien, um die benötigten militärischen Fähigkeiten sicherzustellen. „Wir haben den Vorschlag gemacht, diese Auswahl objektiv per Los zu treffen – und ich habe bislang keinen anderen Vorschlag gehört“, sagte Röttgen.
Er wünsche sich nun mehr Kooperationsbereitschaft des Verteidigungsministers. „Wir hätten uns im Sommer ein gemeinsames Konzept gewünscht, das Angebot wurde vom Minister aber nicht angenommen. Dadurch müssen die notwendigen Veränderungen jetzt erfolgen“, so Röttgen. „Es wäre schön, wenn sich das Bundesverteidigungsministerium hier konstruktiv einbringen würde.“
Röttgen zeigte sich auch mit dem Stand der Aufrüstung der Bundeswehr unzufrieden. „Die finanziellen Mittel sind da, international wird das anerkannt, wie ich gerade bei meinem Besuch in Washington erfahren durfte. Aber Geld allein bedeutet noch keine Verteidigungsfähigkeit“, so der Fraktionsvize. „Unsere industrielle Basis ist national wie europäisch noch nicht auf dem nötigen Niveau. Die Beschaffungszyklen sind zu lang – teilweise bis Mitte des nächsten Jahrzehnts. Das ist sicherheitspolitisch nicht akzeptabel.“
Beim stockenden Rüstungsprojekt „Digitalisierung landbasierter Operationen“ (D-LBO) verlangte Röttgen mehr Transparenz des Ministeriums. „Als Parlamentarier habe ich drei Erwartungen an Herrn Pistorius: Dieses Projekt muss erstens Erfolg haben, sonst sind unsere Landstreitkräfte nicht einsatzfähig“, so der Christdemokrat. „Zweitens müssen im Ministerium transparente Verantwortlichkeiten und effektive Entscheidungsstrukturen bestehen. Und drittens: Wenn es Probleme gibt, muss der Bundestag frühzeitig und umfassend informiert werden – notfalls vertraulich“, sagte Röttgen. „Wir werden sehr genau darauf achten, dass diese Erwartungen erfüllt werden.“
 
  
 


