Eine Zusammenarbeit mit Parteien vom rechten Rand führt nicht zu einer „Zähmung“ dieser Parteien. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Humboldt-Universität zu Berlin, über die das „Handelsblatt“ berichtet. „Keine Form der Zusammenarbeit führt dazu, dass rechtsextreme Parteien an Stärke verlieren“, sagte Heike Klüver, Politikwissenschaftlerin und Mitautorin der Analyse, der Zeitung. Vielmehr würden sie im Fall einer Zusammenarbeit bei Wahlen im Durchschnitt sogar hinzugewinnen.
Für die Untersuchung wurden 647 Regierungen in 37 Demokratien zwischen 1980 und 2023 untersucht, um zu prüfen, ob Regierungsbeteiligungen oder Unterstützungsmodelle rechtsextreme Parteien schwächen. Das Ergebnis sei eindeutig, sagte Klüver. Kooperation, ob direkt oder indirekt, zähme die extreme Rechte nicht, sondern trage zu ihrer weiteren Normalisierung und Stärkung bei. „Die Vorstellung, man könne sie durch Einbindung neutralisieren, hält der empirischen Überprüfung nicht stand – sie ist politisch riskant und strategisch kontraproduktiv“, sagte sie.
Der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter kritisierte die „Brandmauer“-Debatte als „intellektuell schräg und defizitär“. Der Aufstieg der AfD lasse sich nicht durch Abgrenzung, sondern nur durch eine Politik eindämmen, „welche der zunehmenden Verunsicherung in der Gesellschaft begegnet und ein positives Lebensgefühl wieder entstehen lässt“, sagte er dem „Handelsblatt“. Mauern und rote Linien seien dort nötig, wo demokratische Grundlagen infrage gestellt würden. Zugleich dürfe man der AfD keine „Vetoposition“ verschaffen, indem man sinnvolle Vorschläge nur ablehne, weil sie von der falschen Seite Zustimmung erhielten.