Unionsfraktionsvize Jens Spahn hat den Mindestlohn-Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scharf kritisiert. „Olaf Scholz muss sehr verzweifelt sein, das ist der letzte Strohhalm einer untergehenden Sozialdemokratie“, sagte Spahn dem „Stern“. „Wenn der Kanzler meint, er kann Löhne per Interview festlegen, zeigt das seine Verachtung für Arbeitgeber und Gewerkschaften.“
Die Tarifautonomie sei ein wesentliches Element der sozialen Marktwirtschaft, sagte der frühere Bundesgesundheitsminister. „Scholz bricht sein eigenes Versprechen. Denn er hatte zugesagt, den Mindestlohn einmalig politisch auf 12 Euro festzulegen, es fortan aber in die Hand der zuständigen Tarifpartner zu legen. Dieses Versprechen hat nicht einmal zwei Jahre gehalten.“ Scholz hatte am Dienstag für eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro plädiert und damit eine Debatte losgetreten.
Auch in der Wirtschaft hält die Empörung über den Vorstoß an. Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des DEHOGA Bundesverbandes, sagte dem Magazin: „Ein Überbietungswettbewerb der Parteien zur Mindestlohnhöhe ist unverantwortlich.“ Man lehne jede Form der staatlichen Einmischung ab. „Die Mindestlohnkommission ist verantwortlich für die Lohnanpassung und hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie sich dieser Verantwortung bewusst ist“, sagte Hartges. „Wir erwarten, dass die Politik die Arbeit der Mindestlohnkommission respektiert. Eine weitere staatliche Anhebung des Mindestlohns bedeutet für die Mehrzahl der Unternehmen massive Personalkostensteigerungen und erzeugt einen starken Druck auf das gesamte Lohngefüge.“
Foto: Jens Spahn (Archiv) [dts]