Der Geschäftsführer von Zweitligist Hannover 96, Martin Kind, pocht auf eine Reform der 50+1-Regelung im deutschen Fußball. Der Funktionär, der seit einigen Jahren als schärfster Kritiker der Regelung gilt, die den Einfluss externer Geldgeber der Profi-Vereine begrenzt, sagte der „Süddeutschen Zeitung“, dass 50+1 nicht zwingend abgeschafft werden müsse. „Ich kann der DFL nur empfehlen: Versteht doch bitte diese Krise als Chance – wir können 50+1 beibehalten.“
„Aber dann muss das Weisungsrecht inhaltlich nach Fragen des Verbands- und Unternehmensrechts definiert werden“, so Kind. Hintergrund ist der Streit um Kinds Abstimmungsverhalten im gescheiterten Prozess um den Einstieg von Investoren bei der Deutschen Fußball Liga (DFL). Kind verrät nicht, wie er als Vertreter von einem der 36 deutschen Profiklubs abgestimmt hat, weist aber auf den Interessenskonflikt für ihn als Geschäftsführer hin. Der Stammverein von Hannover 96 hatte Kind angewiesen, mit Nein zu stimmen.
Kind sagte der Zeitung: „Die DFL muss den Mut haben, neu festzulegen: In welchen Fragen darf der e.V. mitreden und in welchen nicht? In welchen Fragen darf das Kapital mitreden und in welchen nicht? Die DFL könnte inhaltlich zukunftsorientiert Lösungen schaffen, ohne 50+1 aufgeben zu müssen.“
Kind übt zudem Kritik am deutschen Kartellamt, dass die 50+1-Regelung mit den drei bekannten Ausnahmeregelungen (in Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim) als unbedenklich eingestuft hat. Laut dem 96-Geschäftsführer führt diese Einschätzung zu „Wettbewerbsverzerrung“.
Kind weiter: „Das Kartellamt hat als einzige Aufgabe, wettbewerbsgleiche Bedingungen zu schaffen. Aber dass drei Vereine ihre Ist-Situation festgeschrieben bekommen, mit kleinen Modifikationen, und alle anderen Klubs diesen Status niemals erhalten dürfen: Ist das fair? Nein. Es ist inakzeptabel.“
Kritik übt Kind weiterhin an DFL-Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke für dessen Aussagen beim Aus des Investoren-Prozesses. Watzke hatte den Stopp der Investoren-Pläne auch mit den Vorgängen bei Hannover 96 begründet, wo seit Längerem ein Streit um die Ausrichtung des Klubs schwelt. „Ich halte es für falsch, dass Herr Watzke die 50+1-Regel in der jetzigen Form als gesetzt erklärt“, so Kind.
„Weil er damit schon sagt: Veränderungen können gar nicht erfolgen“. Der mittlerweile abgesagte Investoren-Einstieg sei „das Konzept der DFL. Dazu sollten sie auch stehen. Sie haben diese Strategie erarbeitet und den Prozess nun beendet. Was hat das denn mit meinem Abstimmungsverhalten zu tun?“
Foto: Fußballspieler von Hannover 96 (Archiv) [dts]