Nachdem die Abstimmung in Brüssel zum EU-Lieferkettengesetz am Freitagvormittag überraschend auf die nächste Woche verschoben wurde, fordern die Grünen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Gebrauch seiner Richtlinienkompetenz auf. Scholz habe viele enttäuscht, sagte Rasmus Andresen, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament, dem „Spiegel“. „Er muss von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und eine deutsche Zustimmung sichern.“
Die FDP stellt sich bisher gegen das Vorhaben. Die Richtlinienkompetenz ist eines der härtesten Durchgriffsmittel, das dem Kanzler in einer Koalition zur Verfügung steht. Scholz solle sich „nicht von der Vier-Prozent-Partei vorführen lassen“, sagte Andresen.
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne). „Der Bundeskanzler muss beim Lieferkettengesetz jetzt von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen“, so Cavazzini. „Es ist nicht das einzige EU-Projekt, was die FDP in Brüssel blockiert.“
Eigentlich sind die Verhandlungen zum Lieferkettengesetz abgeschlossen: Zunächst einigten sich die EU-Mitgliedsländer im EU-Rat auf eine gemeinsame Position. Im sogenannten Trilogverfahren verhandelte dann der Rat mit dem Europäischen Parlament, das sich zuvor ebenfalls auf eine eigene Verhandlungsposition verständigt hat. Eine Zustimmung zum Ergebnis der Trilogverhandlungen gilt als Formsache.
Die von der FDP geführten Ministerien für Justiz und Finanzen haben sich kurz vor der Abstimmung in Brüssel gegen das geplante neue EU-Lieferkettengesetz gestellt. Damit müsste sich Deutschland enthalten, was wie eine „Nein“-Stimme gewertet würde.
Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien auf die Unterstützung des EU-Lieferkettengesetzes geeinigt. „Wir unterstützen ein wirksames EU-Lieferkettengesetz, basierend auf den UN-Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte, das kleinere und mittlere Unternehmen nicht überfordert“, hieß es darin.
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