Weber warnt in Aiwanger-Debatte vor Verharmlosung

Der CSU-Vizevorsitzende Manfred Weber hat in der Debatte um die Vorwürfe gegen den Vorsitzenden der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, vor einer Verharmlosung gewarnt. Er tue sich „angesichts der schwersten Verbrechen von Nazi-Deutschland schwer mit dem Begriff der `Jugendsünde`“, sagte Weber dem „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe).

Aiwanger mache es sich „etwas einfach“ mit seiner Argumentation, kritisierte Weber. „Ich bin gleich alt wie er, er kommt direkt aus meiner Nachbargemeinde. Für mich war die Bewunderung für Sophie Scholl und deren Widerstand gegen die Nazis prägend – das wurde auch an meiner Schule vorgelebt“, sagte der aus Niederbayern stammende CSU-Vize zur Begründung. Auch die Vorsitzende der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“, Ilse Junkermann, hat Bayerns stellvertretenden Ministerpräsident scharf kritisiert. „Es ist verheerend für unsere politische Kultur, dass ein Minister im Amt bleibt, der sich nicht klar und glaubwürdig von seiner rassistischen und geschichtsrevisionistischen Vergangenheit abgrenzt, sondern offensichtlich nur rein taktisch vorgeht“, sagte Junkermann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgabe). „Auch daran zeigt sich, dass es sich mitnichten um eine Jugendsünde handelt.“ Es sei sogar noch schlimmer, fügte Junkermann hinzu. Aiwanger geriere sich als Opfer. „Dabei wurden in dem Pamphlet doch die Ermordeten in Dachau und Auschwitz verhöhnt. Ihnen gebührt unsere Empathie und Solidarität.“ Die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), Aiwanger nicht zu entlassen, folge allein „populistischer Stimmungsmache“ und „Machterwägungen“. „Doch diese Frage darf nicht im Bierzelt entschieden werden“, mahnte sie. „Wir müssen uns auf allen Ebenen rechten Tendenzen aus der Mitte unserer Gesellschaft entgegenstellen. Ein medial inszenierter Gedenkstättenbesuch oder routinierte Gedenktags-Reden helfen dabei wenig.“ Gefragt sei wirkliche persönliche Auseinandersetzung, wie zum Beispiel in den Freiwilligendiensten der Aktion Sühnezeichen. „Wer ein Jahr lang als junger Mensch Überlebende oder Menschen mit Behinderungen begleitet, ihren Alltag und ihre Perspektiven teilt, wird seine Erfahrungen sein Leben lang gegen diese Tendenzen setzen und den Diskurs in seinem Umfeld mitprägen.“

Die „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ wurde 1958 gegründet und bezeichnet „die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen“ als „Motiv und Verpflichtung für konkretes Handeln in der Gegenwart“. Sie organisiert Freiwilligendienste und Begegnungsprogramme in Europa, Israel und den USA. Dabei begleiten die Freiwilligen Holocaustüberlebende und ehemalige Zwangsarbeiter, unterstützen Menschen mit Behinderungen sowie sozial Benachteiligte und engagieren sich in Gedenkstätten und Organisationen gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus.

Foto: Manfred Weber (Archiv) [dts]

 

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