Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, sieht den rassistischen Brandanschlag von Solingen mit fünf Toten vor 30 Jahren als „Zeitenwende“ im negativen Sinne. Tatsächlich habe daraufhin der antimuslimische Rassismus zugenommen, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Als Beispiele nannte er unter anderem Vorfälle wie den NSU, das Attentat in München sowie die Anschläge in Halle und Hanau. Hassverbrechen und antimuslimische Straftaten, die erst seit 2017 in der Kriminalitätsstatistik erfasst werden, seien sprunghaft angestiegen und erreichten bis heute ein sehr hohes Niveau. Mazyek sprach auch von eigenen Erfahrungen: „Viele Menschen, einschließlich einiger Betroffener, stuften Solingen damals als Einzelfall im Kontext der aufgeheizten Asylpolitik ein.“ Dies sei aber eine Fehleinschätzung gewesen. Er selbst sei damals 23 Jahre alt und als Vorstandsreferent seiner Heimatgemeinde in Aachen tätig gewesen: „Ich bat den Imam, in seiner Freitagspredigt für die Opfer zu beten und das Thema anzusprechen, was er auch tat.“ Zwar habe sich seitdem viel in der Gesellschaft verbessert, allerdings gebe es immer noch eine „latente Unterschätzung dieser menschen- und demokratiefeindlichen Haltung und den Vorwurf an die Betroffenen, dass sie das Thema Rassismus überstrapazieren und es als politischen Hebel nutzen“. Mazyek sagte: „Beides sind fatal falsche Annahmen.“ Der Verbandsvorsitzende forderte, „auch den strukturellen Rassismus beim Namen zu nennen, im Namen der freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie“.
Foto: Aiman Mazyek [dts]