Poker hat die Welt erobert. Mittlerweile zocken rund 100 Millionen Leute auf sämtlichen Kontinenten das Kartenspiel mit dem hohen Anspruch an die kleinen grauen Zellen. Allein in der Bundesrepublik Deutschland wird die Anzahl der Pokerfans von der German Poker Player Association auf rund 5,5 Millionen gelegentliche oder regelmäßige Zocker geschätzt. Das Spiel, das nur im weitesten Sinne mit Glück zu tun hat, ist hierzulande so populär, dass es seit 2006 eine eigene Poker-Bundesliga und eine Nationalmannschaft gibt.
Wie bei vielen anderen Spielen mit langer Geschichte sind auch beim Poker die Ursprünge nicht mit absoluter Gewissheit belegt, aber Experten gehen davon aus, dass das beliebte deutsche Kartenspiel Poch und das französische Kartenspiel Poque zu der Entwicklung beigetragen haben.
Die Wurzeln liegen allerdings nicht weiter zurück. Erste, ans chinesische Dominospiel angelehnte Kartenspiele sollen bereits 900 n. Chr. in China ihren Ursprung genommen haben. Möglicherweise ist aber auch das persische Spiel “as nas”, das mit 25 Karten in verschiedenen Farben und mit 5 Spielern gezockt wurde, der Stammvater des modernen Pokers. “As nas” besaß ähnliche Rangfolgen und Kartenwerte wie das heutige 5 Card Stud.
Bekannt ist jedenfalls, wie Poque in die Neue Welt und damit die Heimat von Poker kam. Französische Seeleute und Siedler sollen sich mit dem Kartenspiel Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts damit die lange, gefahrvolle Reise von Europa ins damals französische New Orleans vertrieben haben.
Das Kartenspiel, bei dem sehr viel geblufft wurde, verbreitete sich mit zunehmender Siedlerzahl immer weiter. Aus den Saloons von New Orleans ging es im 19. Jahrhundert auf die Mississippi-Dampfer, die sich bald zu schwimmenden Glücksspielhochburgen entwickelten. Je weiter die Schaufelrad-Dampfer auf den Flüssen der USA landeinwärts fuhren, desto weiter breitete sich das Kartenspiel aus, und desto stärker wich es vom Poque ab.
Bereits in den 1830er Jahren gab es das noch heute verwendete Deck mit 52 Karten, das die Teilnahme von bis zu 10 Zockern erlaubte. Zweite Wettrunden, um eine schlechte Hand zu verbessern, stammen ebenfalls bereits aus diesen Tagen.
Während französische Einwanderer im Südwesten ankamen, trafen Ankömmlinge aus Deutschland mit ihren eigenen Spielen im Gepäck bevorzugt an der Ostküste ein. Von dort aus zog es auch etliche Auswanderer quer durchs Land, so dass die Glücksspielkulturen sich vermischen konnte.
Vor allem im Bürgerkrieg und in den Saloons des Wilden Westens wurde Poker rasch zum beliebten Zeitvertreib, wobei mit Stud Poker und Draw Poker unterschiedliche Varianten entwickelt wurden.
Dank zahlreicher Hollywood-Western gehört Poker noch heute zum festen Bestandteil des Bildes vom Wilden Westen, mit zockenden Cowboys, Betrügern, Schlägereien und wilden Schießereien im Saloon.
Der Ausdruck “Dead Man’s Hand” für zwei Paare aus Assen und Achten zollt dieser Idee Hommage. “Wild Bill Hickock” soll eben diese zwei Paare auf der Hand gehabt haben, als er deswegen 1876 in einem Salon in Deadwood von hinten erschossen wurde.
Die meisten Spiele liefen (und laufen) allerdings friedfertig ab. Die heutzutage weitverbreiteste Pokervariante, Texas Hold’ em, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt und ist die erste, bei der Gemeinschaftskarten zum Einsatz kamen.
Während Hollywood die Fantasie der Zuschauer anfachte und dem Pokerspiel einen Hauch des Anrüchigen verlieh, ist Poker längst gesellschaftsfähig geworden und es ist meist der intellektuelle Anspruch plus Spaßfaktor, der Spieler in den Bann zieht.
Während der Zocker bei den meisten Glücksspielen nur wenig Einfluss auf den Ausgang hat, stehen beim Poker mathematisches Wissen und Psychologie im Vordergrund. Die Mischung erwies sich als so spannend, dass bereits erste öffentliche Turniere nicht nur namhafte Spieler, sondern auch jede Menge Zuschauer anzogen.
Die 1970 in Las Vegas ins Leben gerufene World Series of Poker, ist dabei regelmäßig das größte Ereignis in der Pokerwelt. Die besten Zocker reisen an, um in der Wüste Nevadas bei den verschiedenen Events um Ruhm, Ehre, und Riesentöpfe zu zocken. Die Zahl der Teilnehmer liegt mittlerweile bei zwischen 6000 und 8000 Zockern, mit ständig steigender Tendenz.
Zu verdanken hat das Pokerspiel diesen anhaltenden Boom vor allem dem Internet. Die Geburt von Online-Casinos in den 1990er Jahren machte das Kartenspiel jedem volljährigen Zocker zugänglich. Statt wie bisher darauf angewiesen zu sein, sich mit genügend Gleichgesinnten treffen und an einen Tisch setzen zu können, steht der virtuelle Pokertisch rund um die Uhr und von überall aus zur Verfügung.
Das bedeutet nicht nur Zocken auf Wunsch, sondern auch deutlich verbesserte Trainingsmöglichkeiten.
Der erste Pokerweltmeister aus Deutschland, Pius Heinz, räumte 2011 in Las Vegas als gerade mal 22 Jahre alter Student beim Main Event ab. Sein Sieg machte ihn über Nacht zum Multimillionär, auch wenn er den 8,7 Millionen US Dollar schweren Topf mit den Leuten teilen musste, die sich finanziell an seinem Buy-In von 10.000 Dollar beteiligt hatten.
Heinz hatte als 18-Jähriger nach seinem Studienantritt in Wien mit dem Online-Poker begonnen und das Spiel akribisch studiert. Dazu gehörte für ihn wie für viele andere Pokerasse ebenfalls die gründliche Analyse der diversen Faktoren. Jeder einzelne Spielzug und die resultierenden Ergebnisse bieten Aufschlüsse über das Verhalten der Spieler, die eigene Person inbegriffen, und über erfolgreiche und weniger erfolgreiche Strategien. Wer diese Informationen nicht nur versteht, sondern die entsprechenden Lehren daraus zieht, ist auf gutem Wege, ein erfolgreicher Pokerspieler zu werden.
Dazu gehört auch das Umgehen mit Niederlagen. Sogar der beste Pokerspieler gewinnt nicht immer, und nur wenige Starthände lohnen überhaupt das Dabeibleiben.
Wer das Folden als Schwäche ansieht, hat noch viel zu lernen. Erfahrene Pokerspieler sehen die Zwangspause als Gewinn an, weil sie in der Zeit die anderen Spieler studieren oder sich Bewegung und einen klareren Kopf verschaffen können.
Die Vielzahl der Komponenten, die für den dauerhaften Erfolg beim Pokern ausschlaggebend sind, machen einen Großteil der Faszination aus. Gerade weil der Glücksfaktor so gering ist, wenn es um den endgültigen Sieg geht, ist jeder Zocker auf sein eigenes Köpfchen und seine Nervenstärke angewiesen.
Die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt treffen und als Sieger vom echten oder virtuellen Tisch aufzustehen – das verliert für viele Zockern nie an Reiz. Hinzu kommt, dass sich viele Lektionen aus dem Pokerspiel auch im normalen Alltag gewinnbringend einsetzen lassen, und wenn es nur darum geht. Bluffs von Geschäftspartnern oder Kollegen zu durchschauen.
Dabei sollte jedoch stets aufs Maß halten geachtet werden. Das gilt für den Umgang mit den Gegenspielern (oder Kollegen, oder Freunden) genauso wie mit dem eigentlichen Spiel.
Um Zocker daran zu hindern, den Überblick und die Kontrolle zu verlieren, sind Online-Casinos in Deutschland erst mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag der Länder seit dem 1. Juli 2021 flächendeckend erlaubt, sofern sie eine Lizenz aus der Bundesrepublik besitzen. Damit unterliegen sie nämlich nicht nur der deutschen Steuer, sondern auch der gesetzlichen Aufsicht. Zocker dürfen in Deutschland maximal 1000 Euro pro Monat für jegliches Online-Glücksspiel einsetzen. Hinzu kommt, dass auffällige Spieler in eine bundesweite Sperrdatei eingetragen werden oder sich selbst für die Aufnahme darin entscheiden können. Ein Panikbutton für eine automatische 24-Stunden-Eigensperre muss ebenfalls auf jeder erlaubten Webseite vorhanden sein.
So alt die meisten Glücksspiele auch sind, die die Welt erobert haben, so modern sind die Methoden, um dafür zu sorgen, dass der Spaß nicht allzu riskant wird.