Umweltbündnis protestiert gegen neue Gasbohrungen in der Nordsee

Ein deutsch-niederländisches Umweltbündnis hat am Freitag gegen Erdgasbohrungen in der Nordsee protestiert. Beteiligt war neben der Deutschen Umwelthilfe (DUH), den niederländischen Nichtregierungsorganisationen „Mobilisation for Environment“ (MOB) und „Waddenvereniging“, dem „BUND Niedersachsen“, der „Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland“ auch die Stadt Borkum.

Ein niederländischer Gaskonzern plant mit einer neuen Förderplattform in der Nordsee ein Gasfeld auszubeuten, das sich je zur Hälfte unter der niederländischen und deutschen Nordsee befindet. Die Förderplattform liegt knapp 500 Meter vor der deutschen Seegrenze und in unmittelbarer Nähe zum „UNESCO-Welterbe“ Wattenmeer sowie mehrerer „Natura 2000“-Gebiete. Die Organisationen fürchten, dass die Erdgasförderung im sensiblen Ökosystem Wattenmeer den Erhalt der biologischen Vielfalt gefährden könne und den Klimazielen widerspreche. Die geringen jährlichen Fördermengen leisten ihrer Ansicht nach keinen Beitrag zur Energiesicherheit.

Stattdessen drohten CO2-Emissionen von bis zu 65 Millionen Tonnen, wenn der Konzern all seine neuen Förderpläne in der Region umsetze. „Wir werden alle rechtlichen Schritte ausschöpfen, um die Gasförderung direkt angrenzend zum Weltnaturerbe Wattenmeer zu verhindern“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „Die geplanten Gasbohrungen sind naturschutzrechtlich unhaltbar und verstoßen außerdem gegen das deutsche Klimaschutzgesetz.“ Da in den Niederlanden Bohrgenehmigungen bereits erteilt worden seien, habe man Klage eingereicht, so Müller-Kraenner.

„Falls das für die deutsche Seite zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen die Bohrungen gegen alle Bedenken ebenfalls genehmigen sollte, werden wir auch hier rechtlich dagegen vorgehen.“ Der Bürgermeister von Borkum, Jürgen Akkermann, ergänzte: „Durch das Abfackeln des Gases, den Einsatz von Generatoren sowie den Bau und die Nutzung der Infrastruktur der Plattformen werden neben CO2, Methan und weiteren Schadstoffen auch große Mengen Stickoxide ausgestoßen.“ Er fürchtet, dass diese Einträge die stickstoffempfindlichen Lebensraumtypen, wie beispielsweise die Graudünen auf der Insel, stark belasten und die besondere biologische Vielfalt der Insel gefährden könnten. „Ebenfalls schützen die Dünen den Inselkern sowie auch die Süßwasserlinse. Durch die Auswirkungen der Erdgasförderung durch Bodenabsenkungen und mögliche Erdbeben könnte die Süßwasserlinse und damit die Trinkwasserversorgung, aber auch die Gebäude der Insel massiven Schäden davontragen“, so der Bürgermeister von Borkum.

Der Sprecher von „Mobilisation for the Environment“, Stijn van Uffelen, kritisiert, dass der Gaskonzern Beweise für die Existenz eines europarechtlich geschützten Riffes auf dem Gasfeld ignoriere. Der Konzern wolle „seine Bohrinfrastruktur inmitten einer Zone bauen, die als Ausgleich für biologische Vielfalt ausgewiesen wurde“. Laut Sandra Koch von der „Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland“ sieht der Betriebsplan für die Erdgasbohrungen vor, große Mengen an krebserregendem Benzol und Methanol mit dem Produktionswasser direkt in das Wattenmeer einzuleiten.

„Der trilaterale Wattenmeerplan, den Deutschland und die Niederlande 1997 zusammen mit Dänemark verabschiedet haben, verbietet solche Einleitungen explizit“, so Koch. „Schadstoffauflistungen vergleichbarer Bohrungen in Niedersachsen zeigen, dass noch mit einer Fülle von anderen hochgiftigen und auch radioaktiven Substanzen im Produktionswasser zu rechnen ist.“ Schäden an den in direkter Nachbarschaft zur Bohrplattform liegenden Schutzgebieten seien so nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern unvermeidbar. „Dieses umweltzerstörende Projekt darf nicht genehmigt werden.“

Frank Petersen, Sprecher der „Waddenvereniging“, warnt vor einer Aberkennung des Welterbe-Status: „Leider erkennen internationale Bergbauunternehmen das UNESCO-Welterbe Wattenmeer immer noch nicht als das an, was es ist: das größte Feuchtgebiet der Welt, eine einzigartige Energie- und Nahrungsquelle für Millionen geschützter Vögel und Fische. Die UNESCO hat sowohl die niederländische als auch die deutsche Regierung gewarnt, dass die Gasförderung mit dem UNESCO-Welterbestatus unvereinbar ist“, so Petersen. „Die Natur und ihre Wunder waren schon immer der Hauptgrund für viele Menschen aus der ganzen Welt, Inseln wie Borkum, Schiermonnikoog, Terschelling oder Sylt zu besuchen.“ Die fortgesetzte Förderung fossiler Brennstoffe im und am Wattenmeer werde letztlich zu einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels führen und die einzigartigen Feuchtgebiete des Wattenmeeres untergehen lassen, so der Sprecher der „Waddenvereniging“.

„Damit wird allmählich zerstört, was für viele Bewohner und Besucher so wertvoll ist. Was die Welt jetzt braucht, ist mehr Natur und weniger fossile Brennstoffe.“

Foto: Dünen am Strand [dts]

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