Bericht: Lindner nähert sich Einhaltung der Schuldenbremse

Berlin – Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) trennen noch 11,1 Milliarden Euro von seinem Ziel, die Neuverschuldung im Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 so weit zu drücken, um die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder einzuhalten. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Mittwochsausgabe).

Noch vor wenigen Tagen war die Lücke, die der FDP-Politiker dafür schließen musste, mit mehr als 25 Milliarden Euro mehr als doppelt so groß. Nach diversen „Chefgesprächen“ mit seinen Kabinettskollegen ist es dem Finanzminister nach Informationen der FAZ gelungen, den Konsolidierungsbedarf auf den niedrigeren Wert zu drücken. Ende kommender Woche soll das Bundeskabinett Lindners Zahlenwerk offiziell absegnen. Von den Koalitionspartnern gab es zuletzt vermehrt Versuche, das Greifen der Schuldenbremse nochmals zu verzögern. Die Regel verlangt im nächsten Jahr nach früheren Berechnungen eine Neuverschuldung von weniger als acht Milliarden Euro – 139 Milliarden Euro sind aus zusätzlichen Krediten in diesem Jahr eingeplant. Trotz Rücklagen im Haushalt und Reserven im Energie- und Klimafonds kommt dies einer haushaltspolitischen Vollbremsung gleich. Neue Projekte sind da kaum möglich. Lindner argumentiert, bei einem absehbaren Wachstum der Wirtschaft von zwei Prozent und spürbar nach oben gehenden Steuereinnahmen könne man nicht von einer Notlage im haushaltsrechtlichen Sinne sprechen. Die mit dem russischen Angriff auf die Ukraine verbundene „Zeitenwende“ habe die Koalition schon in den Eckpunkten des Haushaltsentwurfs berücksichtigt. Es gebe keinen Raum für weitergehende Ausgabenwünsche. Erschwert hat die Aufgabe des Finanzministers, einen verfassungskonformen Haushaltsentwurf vorzulegen, der massive Zinsanstieg nach dem Eckwertebeschluss des Kabinetts Mitte März. In den vergangenen Jahren profitierte der Bund ungewöhnlich stark von den negativen Renditen.

Er gab die Papiere mit einem Null-Zinskupon aus, die Differenz marktüblichen Rendite erhielt er direkt als Aufpreis (Agio). Dieser war besonders hoch, wenn der Bund Papiere aus seinem Bestand mit höherer Verzinsung nachträglich auf den Markt warf. In den Jahren 2020 und 2021 machte dieser Agio-Effekt nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums, über die die FAZ berichtet, knapp zwölf und elf Milliarden Euro aus. In diesem Jahr sind es gerade einmal 700 Millionen Euro – und 2023 dreht sich der Effekt: Aus dem Agio wird ein Disagio von 8,5 Milliarden Euro.

Entsprechend steil dreht die Kurve für die Zinsausgaben nach oben: Nach 6,5 Milliarden Euro (2020) und knapp vier Milliarden Euro (2021) sind dieses Jahr 16,3 Milliarden Euro veranschlagt. Für 2023 erwartet das Finanzministerium Zinsausgaben von 30 Milliarden Euro, danach sollen es zwischen 25 und 30 Milliarden Euro im Jahr sein. Besonders ins Kontor schlagen nun die inflationsindexierten Anleihen. Die Kosten gingen gleichsam „durch die Decke“, heißt es.

Nach zuletzt rund einer Milliarde Euro sollen es dieses Jahr 4,6 Milliarden Euro sein und nächstes Jahr 7,6 Milliarden Euro werden. Das Bundesfinanzministerium sieht sich mit Blick auf diese Zahlen nicht als Inflationsgewinner. Die gesamten für 2023 erwarteten Zinsausgaben liegen um 12,5 Milliarden Euro über dem alten Wert aus der Finanzplanung. Das Plus ist somit höher als die Finanzlücke, die Lindner noch bis zum 1. Juli schließen muss.

Es ist dem FAZ-Bericht zufolge absehbar, dass die Kabinettsvorlage keine teuren Posten für Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag enthalten wird (Bürgergeld, Superabschreibung, Aktienrente). Offen war zuletzt noch, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Finanzlücke bei den Krankenkassen schließen soll. Einen erhöhten Bundeszuschuss hat Lindner bisher nicht vorgesehen, sodass der SPD-Politiker unter Druck steht, unpopuläre Reformen auf den Weg zu bringen oder höhere Beiträge in Kauf zu nehmen.

Foto: Finanzministerium (dts)

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