Russlands Streitkräfte hängen offenbar in erheblichem Maß von westlicher Halbleiter-Technologie ab. Die Abhängigkeit der Chip-Hersteller Intel, AMD und Nvidia soll sogar die russischen Militärs alarmieren, wie aus internen Unterlagen aus dem Militärapparat hervorgeht, über welche die „Bild am Sonntag“ berichtet. 1,1 Millionen Dokumente einer russischen Rüstungsfirma wurden demnach ausgewertet. Die Firma mit Sitz in Kasan gilt als zentral für die Ausrüstung des Militärs.
Der Datensatz enthält E-Mails, Verträge und Präsentationen, die mit der höchsten Sicherheitsstufe „streng geheim“ gestempelt sind. Enthalten sind auch Briefe des früheren Verteidigungsministers Sergei Schoigu und des Oberbefehlshabers Waleri Gerassimow. In den Papieren zeigen sich die Experten laut „Bild am Sonntag“ alarmiert über diese russische Abhängigkeit und Verwundbarkeit. Russische Chips (Elbrus und Baikal) seien keine Alternative zu den Halbleitern aus den USA, schreibt ein russischer Rüstungs-Manager im März 2022 in einem vierseitigen Dossier. Wörtlich heißt es: „Sie (die russischen Chips) sind der Konkurrenz in puncto Leistung und Energieeffizienz unterlegen und zudem deutlich teurer.“
Der Rückstand sei erheblich, mindestens zehn Jahre hänge sein Land der Konkurrenz hinterher, schreibt der NPO-Mitarbeiter in einer internen Mail. Aufgrund der Sanktionen der USA und der EU kann Russland Halbleiter nicht direkt kaufen, sondern erwirbt die Chips über Umwege. Dazu wird auf ein verzweigtes System von Zwischenhändlern zurückgegriffen.
Den Unterlagen zufolge sucht Moskau nach Auswegen aus der Chip-Abhängigkeit von den USA. Im Blick haben sie dabei zunächst chinesische Hersteller – den Plan aber verwerfen sie gleich wieder. Der Grund: Dann werde ein „Lieferant aus einem potenziellen Feindland (USA) durch einen Lieferanten aus einem anderen potenziellen Feindland (VR China) ersetzt“, schreibt der Manager. In der Öffentlichkeit gilt die Volksrepublik bisher als Verbündeter Moskaus.