Der vorgezogene Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2030 hat offenbar eine geringere Klimawirkung als von der Bundesregierung angegeben. Das ist das Ergebnis einer Studie des Energieberatungshauses Aurora, über die der „Spiegel“ berichtet.
Die Abschaltung acht Jahre vor dem derzeitigen Enddatum im Jahr 2038 werde kaum etwas zum Klimaschutz beitragen, so die Studienautoren. Das „Gesetz zur Beschleunigung des Braunkohleausstiegs im Rheinischen Revier“ soll am Donnerstagabend im Bundestag verabschiedet werden. Laut der Studie würden durch die kurzfristige „Rückholung“ von Kohlemeilern aufgrund der Energiekrise bis zu 61 Millionen Tonnen CO2 mehr ausgestoßen, die durch den vorzeitigen Ausstieg nicht kompensiert werden können. Bis 2030 gibt es sogar eine Überschreitung des im Klimaschutzgesetz angedachten Emissionspfades um 164 Millionen Tonnen.
Die Analysten haben dafür drei unterschiedliche Kohle-Szenarien bis 2038 im Auftrag des Kohle-kritischen Bündnisses Europe Beyond Coal durchgerechnet. Kohleverstromung wird demnach ab 2030 ohnehin unwirtschaftlich – durch einen rückläufigen Gaspreis und einen stark ansteigenden CO2-Preis im europäischen Emissionshandel. Damit wären die angeblich durch den frühen Kohleausstieg eingesparten Emissionen hinfällig. Der an der Untersuchung nicht beteiligte Klimaforscher Niklas Höhne sagte: „Die Studie bestätigt, dass ein Rückholen abzuschaltender Kohlekraftwerke die Emissionen vor 2030 erhöht“.
Ob ein Vorziehen des Kohleausstiegs wirklich Emissionen nach 2030 reduziert, sei aber laut der Studie fraglich. Und damit auch die Argumentation des Wirtschaftsministers. Auch das Abbaggern des Dorfes Lützerath ist laut den Berechnungen von Aurora nicht mehr nötig. Mittlerweile ist das Dorf zu einem Symbol für die Klimabewegung geworden.
Für den Betrieb der Braunkohlekraftwerke Neurath und Niederaußem würden aus dem Tagebau Garzweiler, in dessen Bereich das Dorf liegt, noch maximal 124 Millionen Tonnen benötigt – das ist weit weniger als RWE veranschlagt.
Foto: Tagebau Hambach [dts]