25 Jahre nach dem Start der Rechtschreibreform sieht Heinz-Peter Meidinger, langjähriger Vorsitzende des Lehrerverbandes, den damaligen Aufschrei kritisch. „Es war ja ein richtiggehender Kulturkampf“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagsausgabe).
„Heute erscheint es wie ein Luxusproblem.“ Der Gymnasialdirektor, lange auch Vorsitzender des Deutschen Philologen-Verbandes, war 1998 als Experte für das Bundesverfassungsgericht im Einsatz; Gegner der Reform hatten sie juristisch kippen wollen. Der große Aufschlag, der am Anfang der Reformpläne gestanden habe, sei in einem „langen Diskussionsprozess abgeschliffen“ worden, so Meidinger. In der WAZ verwies er darauf, dass Deutsch heute die letzte Sprache mit grundsätzlicher Groß- und Kleinschreibung sei. Meidinger, heute Ehrenpräsident des Lehrerverbandes, fügte hinzu: „Ich selber hätte keine Probleme mit dem Umstellen auf Kleinschreibung gehabt. Aber das war im Lehrerverband nicht die Mehrheitsmeinung.“ Dass trotz der mit der Reform vollzogenen Vereinfachungen die Rechtschreib-Kompetenz bei Schülern massiv gesunken sei, hat laut Meidinger mit der Reform „am wenigsten zu tun“. Zentral sei, so Meidinger, „dass weniger gelesen wird“. Das habe „eindeutig Auswirkungen auf die Rechtschreib-Kompetenz“. Im immer fehlerhafteren Schreiben der Deutschen sieht der Experte Gefahren weit über die Schule hinaus: „Wenn ich heute Texte von manchen Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen lese, dann führen die vielen Grammatik- und Rechtschreibfehler oft zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten. Damit haben wir dann ein grundsätzliches Problem in der Gesellschaft.“
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