Die Einigung der Bundesregierung auf eine gemeinsame Position bei der EU-Asylreform hat deutliche Kritik bei der Opposition ausgelöst. Dabei geht es vor allem darum, geplante Asylverfahren künftig bereits an den EU-Außengrenzen durchzuführen.
Nach Ansicht des Innenexperten der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), bleibt die Ampel hinter dem Vorschlag der EU-Kommission zurück. „Damit werden die Verfahren ineffektiv und das schadet vor allem Deutschland als Hauptzielland von Flucht in Europa. Frau Faeser führt die Öffentlichkeit wieder mal an der Nase herum“, sagte Throm der „Welt“. Asylzentren außerhalb der EU sieht er kritisch, „weil die Ampel damit einseitig für Deutschland einen weiteren zusätzlichen Weg der Asylantragstellung eröffnet und damit noch mehr Asylmigration nach Deutschland ermöglicht“.
In der AfD-Fraktion werden flankierende Maßnahmen gefordert. Wenn ein Außengrenzverfahren „jetzt der neue, entscheidende Filter werden soll, müssten alle anderen, bisherigen Wege illegaler Migration in Staaten der EU wirklich faktisch ausgeschlossen sein“, betonte der innenpolitische Sprecher Gottfried Curio. Sonst bleibe der neue Filter wirkungslos. Anerkennungskonditionen müssten auf echte Fluchtsituationen beschränkt bleiben.
Clara Bünger, Sprecherin für Flucht- und Rechtspolitik der Linke-Fraktion, lehnte die Einigung ab: „Das historische Momentum besteht darin, dass Frau Faeser die erste sozialdemokratische Innenministerin ist, die sehenden Auges weitere Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen ermöglicht und mit ihren politischen Entscheidungen vorantreibt.“ Die Grünen seien „kein verlässlicher Partner bei der Durchsetzung von Menschenrechten“ mehr. Bünger befürchtet, dass „unmenschliche Lager wie Moria“ und „Grenzverfahren unter Haftbedingungen“ zur Normalität in der EU würden. Zustimmung kommt hingegen von SPD und FDP.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, erklärte, es sei „wichtig, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einer geschlossenen deutschen Position in die Verhandlungen über ein gemeinsames europäisches Asylsystem geht“. Dazu gehöre es selbstverständlich, in der gesamten EU rechtsstaatliche Verfahren nach gleichen Regeln und auf gleichem Niveau sicherzustellen. „Allen schutzsuchenden Menschen, die asylberechtigt sind, muss dieses Recht auch gewährt werden. Bereits an den Grenzen kann dann geprüft werden, ob ein Asylverfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg hat“, so Hartmann.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, stützt die Pläne: „Wenn bereits an den EU-Außengrenzen schneller Klarheit geschaffen werden kann, kommen weniger Menschen als Asylbewerber in die EU, die eigentlich nicht vor Krieg oder Bürgerkrieg fliehen oder um politisches Asyl nachsuchen, sondern Arbeit oder eine Ausbildung suchen.“ Auch für diese Menschen müsse es einen regulären Einwanderungsweg geben, aber nicht über das Asylsystem. Thomae verwies auf die geplante „Chancenkarte“, um den Zuzug für Arbeitsmigranten offener zu gestalten. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sieht die Bundesregierung in Brüssel „vor extrem schwierigen Verhandlungen“.
Der Zugang zu individuellen und rechtsstaatlichen Asylverfahren und menschenwürdiger Unterbringung sei auch für die Zukunft sicherzustellen. „Viele EU-Mitgliedsländer vertreten eine restriktive Linie. Wir setzen uns für einen dauerhaften verlässlichen Solidaritätsmechanismus und für faire Asylverfahren ein“, so Haßelmann.
Foto: Flüchtlingslager Idomeni [dts]