Der Kommandeur des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz, Generalmajor Markus Kurczyk, fordert einen anderen Umgang mit Rekruten, nachdem die Truppe zum zweiten Mal in Folge im vergangenen Jahr mehr Soldaten verloren hat, als sie dazugewann. „Ich habe noch nie verstanden, warum erwachsene Staatsbürger, die zu uns kommen, nicht in der Lage sein sollen, selbstständig den Weg vom Unterkunftsgebäude zum Frühstück in der Truppenküche zu finden“, sagte Kurczyk dem „Spiegel“.
„Stattdessen müssen sie warten, bis auch noch der Kleinste fertig gefrühstückt hat, um dann gemeinsam zurückzugehen.“ Das sei „keine Erziehung, sondern klassisches Konditionieren“. Kurczyk fordert ein neues Denken im Umgang mit jungen Leuten, die zur Bundeswehr kommen. „Ich glaube, wir haben manchmal noch nicht verstanden, dass niemand dankbar sein muss, eine Uniform anziehen zu dürfen“, so der Generalmajor. „Anders als vor 20, 30 Jahren ist es heute viel herausfordernder geworden, junge Menschen für die Bundeswehr zu gewinnen, aber das ist bei uns gedanklich noch nicht überall angekommen.“ Kurczyk vergleicht die mögliche Motivation junger Soldaten mit der von Klimaaktivisten. Die Mitglieder der „Letzten Generation“ seien „junge Menschen, die eine starke Gruppe finden und, jetzt kommt`s, ein höheres Ziel für ihr Leben suchen. Genau da kommen wir als Bundeswehr ins Spiel. Das können wir.“ Kurczyk kritisiert, dass es in der öffentlichen Debatte zu sehr um die materielle Ausstattung der Bundeswehr gehe und zu wenig um die Soldaten. „Es geht nicht darum, welche Waffensysteme wir haben“, so Kurczyk. „Es geht darum, ob wir Menschen haben, die bereit sind, für Deutschland in den Krieg zu ziehen, die bereit sind, für ihre Überzeugung, für unsere Werteordnung bis ans Ende der Welt zu gehen. Haben wir diese Menschen? Das ist die Frage, die mich umtreibt.“
Foto: Bundeswehr-Soldaten [dts]