Politologen sehen Ampelkoalition in kritischer Lage

Nach Einschätzung von Politikwissenschaftlern befindet sich die Ampelkoalition wegen des Streits um die geplante Gasumlage in einer kritischen Lage. Das berichtet das „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).

Der Passauer Politikprofessor Heinrich Oberreuter sagte: „Der euphorische Konsens beim Aufbruch der Koalition, unterschiedliche Problemsichten zu optimierenden und komplexen Lösungsstrategien zusammenzuführen, scheitert gerade an fundamentalen Herausforderungen.“ Angesichts von Differenzen bis hin zu persönlichen Angriffen seien daher auch „Fragen an die Regierungsfähigkeit wie an den Fortbestand der gegenwärtigen Berliner Konstellation erlaubt, auch wenn sie sich erst in einigen Monaten stellen sollten.“ Für den Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst sind in einer „Koalitionsdemokratie“ Konflikte zwischen den Regierungspartnern zwar nicht unüblich. Es sei aber „eher ungewöhnlich“, dass sie schon in einer so frühen Phase der Ampelkoalition zutage treten, sagte Probst dem „Handelsblatt“. Wenn einer der Partner sich besser positionieren könne als die anderen, würden die Auseinandersetzungen schärfer. „SPD und FDP schauen neidisch auf die Grünen, die ihnen in den Umfragen weit enteilt sind“, so Probst. Kritisch sehen die Experten die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Scholz lässt vieles laufen“, sagte Probst. Nicht nur, dass er selbst oft nicht klar genug die Richtung der Ampel vorgebe, „er steht auch im Schatten seines Vizekanzlers Habeck, der wesentlich besser als er erklären und Richtungen vorgeben kann“. Oberreuter weist dem Kanzler eine Mitverantwortung an den Streitereien zu. „Selten gab es derart potenzielle Notsituationen wie jetzt, die Linie und Führung forderten“, sagte er. „Scholz leistet sie offensichtlich nicht.“

Foto: Vorstellung des Koalitionsvertrags am 24.11.2021 (dts)

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