Armutsforscher fürchtet Ausweitung der Armut bis in Mittelschicht

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge hat vor einer Ausbreitung der Armut in Deutschland bis in die Mittelschicht gewarnt. „Die wahrscheinlich auch künftig steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise dürften bis in die Mitte der Gesellschaft hinein zu sozialen Verwerfungen führen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe).

„Möglicherweise muss auch manche Mittelschichtfamilie die Hälfte ihres Einkommens für die Warmmiete ausgeben. Daher wird sich die Armut weiter ausbreiten.“ Wenn sich die Gaspreise verdoppeln oder verdreifachen würden und die Gasumlage des Bundes zusätzlich hinzukomme, könne das für Mittelschichtfamilien zur Folge haben, dass der Jahresurlaub ausfalle. „Selbst Familien mit zwei Verdienern, die normale Berufe haben und bisher auch gut über die Runden gekommen sind, können nun in arge finanzielle Bedrängnis geraten und in die Armutszone abrutschen“, sagte der Armutsforscher. Das hänge auch von der weiteren Preisentwicklung und vom Haushaltseinkommen der jeweiligen Familie ab. Ob damit künftig mehr Menschen in die sozialen Sicherungssysteme fallen, ließ Butterwegge offen. „Viele Menschen, die eigentlich einen Antrag auf Transferleistungen stellen könnten, tun das nicht. Bei Hartz IV geht man davon aus, dass nur jeder zweite Antragsberechtigte einen Antrag stellt. Bei der Grundsicherung im Alter ist die Dunkelziffer sogar noch höher“, sagte der Politikwissenschaftler.

Untersuchungen würden zeigen, dass von drei Antragsberechtigten nur einer um Hilfe nachsuche. Viele Betroffene wüssten gar nicht, dass sie anspruchsberechtigt seien, würden den bürokratischen Aufwand scheuen, sich schämen oder seien zu stolz. „Die verdeckte Armut dürfte stark zunehmen, denn gerade alte Menschen, die kälteempfindlicher und viel zu Hause sind, müssen höhere Heizkosten verkraften“, so Butterwegge weiter.

Foto: Stromzähler (dts)

Previous Post

Verdi verlangt höheren Spitzensteuersatz und Übergewinnsteuer

Next Post

RKI meldet 49839 Corona-Neuinfektionen – Inzidenz sinkt auf 345,9

Related Posts