Brüssel – Die EU-Kommission hat ihre Forderung an die westliche Staatengemeinschaft bekräftigt, beim Getreideexport aus der Ukraine mehr zu tun. „Wir können uns nicht nur auf die Nachbarn der Ukraine verlassen, damit die Aufgabe erfüllt wird, und darum ist jede Art von Hilfe nützlich“, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean der „Welt“.
Hintergrund des Appells ist, dass nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der Blockade ukrainischer Häfen das landeseigene Getreide die Bestimmungsorte nicht mehr über den Seeweg erreichen kann. Die Ukraine gilt als eine der größten Kornkammern weltweit. Durch die Blockade wird die Gefahr von Hungerkatastrophen in Afrika immer akuter. Afrika bezieht mehr als 40 Prozent seines Weizens aus der Ukraine. Seit dem vergangenen Monat hätten sich einige viele Dinge in die richtige Richtung bewegt, sagte die EU-Kommissarin weiter. „Aber es gibt noch Raum für Verbesserungen – die Schienenfahrzeuge reichen nicht aus, wir haben zu wenig Lenker für Lastkahne, die Transporteure gebrauchen eine Versicherung und Garantien, und es gibt nicht genügend temporäre Lagerstätten für das Getreide.“ Polen und Rumänien, aber auch Moldau, leisteten wertvolle Arbeit. „Rumänien und Polen, die beiden Nachbarländer mit dem größten Warenzustrom aus der Ukraine, haben ihre Grenzkontrollpunkte rund um die Uhr an allen Wochentagen geöffnet. Sie haben auch die Kontrollen vereinfacht und mehr Leute eingestellt.“ Das Problem sei, dass über den Landweg nur ein Bruchteil der Mengen transportiert werden kann, die sonst per Schiff die Ukraine verlassen. „Während ein großes Schiff mit 70.000 Tonnen Getreide beladen werden kann, transportiert ein 600 Meter langer Güterzug rund 1900 Tonnen und ein Lastkahn bis zu 3.000 Tonnen“, so Valean. „Ein Lastwagen schafft nur 25 Tonnen – ein Tropfen im Ozean – , aber auch dieser eine Tropfen ist unter diesen Umständen wichtig.“ Hintergrund: Nach Angaben von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj liegen derzeit bis zu 25 Millionen Tonnen Getreide in dem Land auf Halde. Im Herbst, nach der Sommerente, könnten es sogar 75 Millionen Tonnen werden. Alle Versuche der Vereinten Nationen (UN) und der Türkei, mit Russland zu einer Vereinbarung über sichere Seewege zu kommen, sind bisher gescheitert. Die russische Kriegsmarine blockiert die ukrainischen Häfen im Schwarzen Meer. Darum bleiben Straßen, Schienen und Flüsse die einzige Alternative zum Seeweg.
Foto: Weizen (dts)