Berlin – Der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Evaluation der Pandemiemaßnahmen, Stefan Huster, warnt vor zu hohen Erwartungen an den Abschlussbericht der Kommission. „Wer eine Liste mit einem Plus oder einem Minus hinter allen einzelnen Maßnahmen für `wirksam` oder `nicht wirksam` erwartet, der wird enttäuscht sein“, sagte er dem „Spiegel“.
Man unterscheide sich da aber nicht von anderen Ländern. „Die Schweiz zum Beispiel hat sehr früh evaluiert, da finden Sie auch kaum definitive Aussagen zu Maßnahmen.“ Der Bericht des Sachverständigenrats soll am 30. Juni veröffentlicht werden. Der Sachverständigenrat werde keine Empfehlungen abgeben, welche Corona-Maßnahmen die Politik im kommenden Herbst ergreifen solle.
„Wir stellen eher Fragen wie: Was sind gute Risikokommunikation, Datenmanagement und Begleitforschung? Brauchen wir im Gesetz ein Instrument wie die `epidemische Lage nationaler Tragweite`, braucht es in einer Epidemie Verordnungsermächtigungen für den Bundesgesundheitsminister am Gesetz vorbei“, sagte Huster. „Unser Vorschlag im juristischen Teil wird sein, dass wir eine grundlegende Reform des Infektionsschutzgesetzes benötigen, die Zeit brauchen wird.“ Dennoch rief Huster die Politik dazu auf, bereits jetzt und nicht erst im Herbst tätig zu werden. „Die Politik muss sich schon sehr genau überlegen, wie sie sich auf den 23. September vorbereitet, wenn die Befugnisse im Infektionsschutzgesetz auslaufen“, sagte der Professor für Öffentliches Recht dem Nachrichtenmagazin.
Es wäre fragwürdig, erst mal abzuwarten, was im Herbst passiere. „Das wäre ja so, als würde man die notwendigen Befugnisse für die Polizei im Falle einer Geiselnahme erst dann ins Gesetz schreiben, wenn die Geisel bereits genommen wurde.“
Foto: Menschen mit Maske (dts)