Etwa 50 000 Menschen kommen jedes Jahr nur deshalb ins Gefängnis, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können.
Neue Hintergründe dazu ergeben sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, aus der die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert. In ärmeren Bundesländern wie etwa Brandenburg sind demnach regelmäßig um die zehn Prozent aller Gefängniszellen mit Menschen belegt, die laut ihrem Urteil eigentlich nur zu einer Geldstrafe verurteilt waren.
Im reicheren Hamburg dagegen seien es meist nur zwischen drei und vier Prozent. Um welche Delikte es dabei geht, sagt die Bundesregierung nicht. Dies werde nicht genau erfasst.
Sie verweist aber auf eine Studie des Kriminologischen Dienstes des Landes Nordrhein-Westfalen. Demnach gehe es in fast jedem vierten Fall um das „Erschleichen von Leistungen“, also in der Regel das sogenannte Schwarzfahren im öffentlichen Nahverkehr. Zwar haben alle Verurteilten grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Geldstrafe abzuarbeiten, wenn sie sie nicht bezahlen können, aber besonders die Menschen, die wiederholt wegen „Erschleichens von Leistungen“ vor Gericht kämen, seien oft zu krank dafür.
Der Kriminologische Dienst aus Nordrhein-Westfalen führt weiter aus: „Diese Inhaftierten sind“ – auch im Vergleich zu anderen Zahlungsunfähigen – „gemäß Aktenlage zu noch etwas größeren Anteilen bei Strafantritt verarmt, krank, sozial ausgeschlossen und im strafrechtlichen Sinn nicht gefährlich“. Unter den Bundesländern fallen vor allem die ostdeutschen Länder mit relativ hohen Quoten von Geldstrafen-Schuldnern in Gefängnissen auf. Aber auch Bayern zeigt laut den Angaben der Bundesregierung eine Besonderheit: Zum Stichtag 30. Juni 2021 saßen dort 7,7 Prozent aller Strafgefangenen nur wegen einer Geldstrafe ein.
Das ist in Westdeutschland der höchste Wert. Die Kosten für die Inhaftierung von Zahlungsunfähigen belaufen sich laut Bundesregierung auf durchschnittlich 157,72 Euro pro Hafttag. Das bedeutet nach den übrigen Angaben, das deutschlandweit etwa 450.000 Euro pro Tag ausgegeben werden, um solche Verurteilte zu inhaftieren, vielfach wegen bloßen S-Bahn-Fahrens ohne Ticket.
Daran übt die Linkspartei-Abgeordnete Clara Bünger Kritik: „Diese Summen könnten weitaus sinnvoller eingesetzt werden, zum Beispiel zur Bereitstellung von kostenlosen Sozialtickets an Bedürftige und mittelfristig für den Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs.“