Nachdem das französische Parlament am Mittwoch die Regierung von Premierminister Michel Barnier (Republikaner) gestürzt hatte, hat Präsident Emmanuel Macron (Renaissance) angekündigt, in den kommenden Tagen einen neuen Premierminister ernennen zu wollen. Dieser solle mit der Bildung einer „Regierung des allgemeinen Interesses“ beauftragt werden, sagte er in einer Fernsehansprache am Donnerstagabend. Der Regierung sollen alle politischen Kräfte angehören, die sich dazu verpflichten, keinen Misstrauensantrag zu stellen.
Einen Rücktritt vor dem Ende seiner Amtszeit, die regulär 2027 endet, schloss er aus. „Meine Verantwortung erfordert, den Fortbestand des Staates zu gewährleisten“, so Macron. An der Situation will er nicht schuld sein. Er gestand jedoch ein, dass die Franzosen seine Ausrufung von Neuwahlen im Sommer nicht verstanden hätten. Die Schuld sieht er stattdessen bei einer „Vereinigung der extremen Rechten und der extremen Linken in einer antirepublikanischen Front“.
Macron will für 2025 die öffentlichen Ausgaben absichern mit einem Instrument, das der vorläufigen Haushaltsführung in Deutschland ähnelt. Dafür kündigte er an, dem Parlament ein Finanzgesetz für „die Kontinuität der öffentlichen Dienstleistungen und das Leben des Landes“ vorlegen zu wollen. „Es wird die Entscheidungen von 2024 auf 2025 anwenden“, sagte der Präsident. Er hoffe, dass sich dafür eine Mehrheit im Parlament findet.
Die französische Nationalversammlung hatte am Mittwochabend mit einem Misstrauensvotum die Regierung des Ministerpräsidenten Michel Barnier gestürzt. Für einen entsprechenden Antrag des Linksbündnisses „Nouveau Front Populaire“ (NFP, deutsch: Neue Volksfront) stimmten 331 Abgeordnete des 577-köpfigen Parlaments. Damit war der Premierminister gezwungen, seinen Rücktritt bei Präsident Emmanuel Macron einzureichen.
Hintergrund war eine Auseinandersetzung über den Haushaltsentwurf, der einen harten Sparkurs und Steuererhöhungen zur Schuldenkonsolidierung vorsah. Barnier hatte versucht, den Sozialetat ohne Abstimmung im Parlament durchzusetzen. Verfassungsartikel 49.3 sieht diese Möglichkeit nur vor, sofern die Regierung ein Misstrauensvotum übersteht.
Das Linksbündnis „Nouveau Front Populaire“, dem fünf führende linke Parteien und deren kleinere Partner angehören, war nach dem zweiten Wahlgang bei der von Marcon vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer als Wahlsieger hervorgegangen, ohne jedoch eine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung zu erreichen. Macron hatte im Anschluss die Wahl von Brexit-Verhandler Michel Barnier als neuen Premierminister vorgeschlagen, der den konservativen Republikanern angehört. Ein erstes Misstrauensvotum hatte dessen Minderheitsregierung nur deshalb überstanden, weil sie vom rechtsextremen „Rassemblement National“ (deutsch: Nationale Sammelbewegung) geduldet wurde. Diese Unterstützung erhielt Barnier nun nicht mehr.
Foto: Emmanuel Macron (Archiv) [dts]