Union erneuert Kritik an Selbstbestimmungsgesetz

Unionsfraktionsvize Dorothee Bär (CSU) wirft den Ampelparteien vor, bei dem umstrittenen Selbstbestimmungsgesetz die Einwände von Experten zu ignorieren. Sie merke nicht nur bei diesem, sondern auch bei vielen anderen Gesetzentwürfen, dass der Ampel die Einwände von Experten aus der Praxis „völlig egal sind“, sagte Bär der „Welt“ (Mittwochsausgabe).

„Es wird einfach durchgeboxt.“ Dies sei gerade bei den gesellschaftspolitischen Vorhaben dieser Regierung „extrem auffällig“, so Bär. „Die Gesellschaftspolitik ist das Einzige, was die Ampel-Parteien derzeit wirklich eint. Sie schlagen mit dieser Identitätspolitik Pflöcke ein, die nur schwer reversibel sind.“

Das Selbstbestimmungsgesetz werde für eine sehr kleine Minderheit gemacht, deren Anliegen sehr ernst genommen werden müssten, „aber es hat Auswirkungen auf 83 Millionen Menschen“. Geschlecht sei „keine Idee, sondern Realität“. Die Union kritisiert vor allem die Regelungen, die bezüglich des Wechsels des Geschlechtseintrags für Kinder und Jugendliche gelten sollen: „Jugendliche, vor allem Mädchen, sind gerade in der Pubertät unsicher bezüglich ihrer Geschlechtsidentität“, so Bär. „Das Selbstbestimmungsgesetz leistet gerade bei dieser vulnerablen Gruppe der Tendenz Vorschub, altersbedingten Persönlichkeitszweifeln gleich mit einem rechtlichen Geschlechtswechsel zu begegnen.“

Bär kritisierte, dass das Gesetz auch für Jugendliche keine verpflichtende Begutachtung mehr vorsehe. Sie sei skeptisch, ob Jugendliche mit Vollendung des 14. Lebensjahres wirklich in der Lage seien, die Bedeutung und Tragweite einer solchen Entscheidung für ihr ganzes Leben einschätzen zu können – vor allem, wenn dem Namenswechsel dann auch medizinische Maßnahmen folgten, so die Familienpolitikerin. „Die Begutachtungspflicht sollte deshalb unbedingt bestehen bleiben, um die Gefahr zu bannen, dass altersbedingte Persönlichkeitszweifel vorschnell mit einem rechtlichen Geschlechtswechsel beantwortet werden.“ Auch dass die Entscheidung über einen Wechsel des Geschlechtseintrags bei Kindern unter 14 Jahren allein bei den Eltern liegt, berge Missbrauchsgefahren, so Bär.

„Im Worst Case kann eine Familie, die schon drei Töchter hat, sich aber unbedingt einen Sohn wünscht, die viertgeborene Tochter zum Jungen erklären und als Jungen erziehen.“ Natürlich werde das nicht die Mehrheit sein, dennoch müsse bei Gesetzesvorhaben immer auch nach der Missbrauchsgefahr geschaut werden. „Es gibt immer ein paar Verrückte. Wir haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu schützen – im Zweifel und in ganz schwerwiegenden Fällen auch vor ihren Eltern.“

Die Union könne dem Gesetz daher nicht zustimmen. Der Entwurf sei zu einschneidend für den restlichen Lebensweg der Jugendlichen, so Bär. „Hier wird aus falsch verstandener Toleranz gegenüber einem Minderheitenphänomen ein Gesetz auf Kosten der Identitätsfindung junger Menschen gemacht. Das ist wirklich tragisch. Zum einen für die tatsächlich von Transsexualität Betroffenen, zum anderen für die vulnerablen Jugendlichen, die meinen, ihre Probleme basierten nur auf der falschen Geschlechtszugehörigkeit.“

In der Summe schaffe das Gesetz mehr Probleme, als es den Betroffenen helfen werde. „Wir hoffen aber, dass der Druck von Experten und Verbänden noch zu Verbesserungen führt.“

Foto: Transperson (Archiv) [dts]

 

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