Der Philosoph und Kulturwissenschaftler Peter Sloterdijk hat die Protestgruppe „Letzte Generation“ deutlich kritisiert. „Die `Letzte Generation` scheucht eine Öffentlichkeit auf, die das Problem eigentlich schon halbwegs verstanden hat“, sagte Sloterdijk dem „Stern“.
„Die relevanten Orte, um den Protest richtig zu adressieren, wären der Platz des Himmlischen Friedens, das Pentagon oder Neu-Delhi. Da traut sich keiner hin.“ Gleichzeitig entstehe „eine moralische Übererregung, die längst kontraproduktiv wirkt“, so Sloterdijk. „Diese Bewegungen nehmen zunehmend einen neo-autoritären Charakter an, in ihrer inneren Struktur erinnern sie bereits an leninistische Kader.“
Die derzeitige Klimapolitik Deutschlands verglich Sloterdijk mit einem Flohzirkus. „Angesichts der Tatsache, dass China zurzeit vier Milliarden Tonnen Kohle jährlich verbrennt, fallen alle Bestrebungen eines einzelnen Landes wie Deutschland in die Kategorie des Flohzirkus“, so Sloterdijk, der Deutschlands Anteil an den globalen Emissionen auf etwa 1,8 Prozent beziffert. „Der ausgebildete Zirkusfloh ist stolz darauf, dass er das 20-fache seines eigenen Körpergewichts ziehen kann. Deutsche Flöhe glauben sogar, sie schafften das Tausendfache.“
Gemessen am Anteil an der Weltbevölkerung stünde Deutschland höchstens ein Anteil von 1,0 Prozent zu. Historisch liegt der Anteil Deutschlands an den kumulativen globalen Emissionen bei rund vier Prozent. Sloterdijk äußerte zugleich Verständnis, wenn Jugendliche die Lage als aussichtslos einschätzen. „Wenn jetzt sogar die Grünen bereit sind, neue Gaskraftwerke zu bauen, um die Energieversorgung zu sichern, dann müssen doch junge Leute, die keine Zukunft für sich und ihre Kinder mehr sehen, doppelt in Verzweiflung geraten“, sagte der Philosoph und fragte, welche Alternative ihnen bleibe, als sich eines Tages zu radikalisieren.
Foto: Logo der Letzten Generation (Archiv) [dts]