Der Ökonom Lars Feld, Wirtschaftsberater von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), kritisiert die Pläne der SPD für eine temporäre „Krisenabgabe“ für Spitzenverdiener sowie eine höhere Erbschaft- und Schenkungssteuer für Reiche scharf. „Alles in allem kommt dieser Leitantrag entweder als populistisches Umverteilungsprogramm daher oder ist bestenfalls ein weiterer Beleg für die verbreitete Unkenntnis im steuerpolitischen Bereich“, sagte Feld dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).
Der Antrag, den der Parteivorstand am Montag beschlossen hat, soll im Dezember auf dem SPD-Bundesparteitag eingebracht werden. Feld sprach von „unausgegorenen Vorschlägen, um womöglich die wahren Belastungen zu verschleiern“. Wenn es sich bei der „Krisenabgabe“ um eine Erhöhung der Spitzenbelastung der Einkommen etwa im Sinne eines Zuschlags auf die Einkommensteuer handele, würde dies die Investitionstätigkeit von Personengesellschaften, Selbständigen und Einzelunternehmen beeinträchtigen. „Damit wäre also gerade in der heutigen Wachstumsschwäche das Gegenteil dessen, was benötigt wird“, sagte Feld.
„Wenn es um eine Vermögensabgabe ginge, könnten Betriebsvermögen kaum verfassungsfest verschont werden, und es träte ein ebenso starkes Problem bei den Investitionen auf.“ Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer gab er zu bedenken, dass das Aufkommen den Ländern zustehe, „sodass nicht zu erkennen ist, wie deren Erhöhung die Haushaltsspielräume auf Bundesebene erweitern soll“. Von anderen Ökonomen gibt es hingegen Lob für die SPD-Pläne. Der Wirtschaftsweise Achim Truger sagte dem „Handelsblatt“, grundsätzlich gehe das in die richtige Richtung.
„Eine höhere Einkommensteuer für sehr hohe Einkommen ist nicht nur zur Bekämpfung der Ungleichheit sinnvoll, sondern sie ist auch notwendig, wenn man untere und mittlere Einkommen entlasten und die notwendigen staatlichen Aufgaben stemmen möchte.“ Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält eine stärkere Belastung von Spitzenverdienern für sinnvoll. Eine temporäre „Krisenabgabe“ sieht er aber kritisch. „Denn der deutsche Staat benötigt nicht einmalig mehr Geld, sondern dauerhaft über die nächsten zehn Jahre, um Klimaschutz, Infrastruktur, das Bildungssystem und Innovation in Deutschland zukunftsfest zu machen“, sagte Fratzscher.
Foto: Christian Lindner (Archiv) [dts]