Andreas Voßkuhle, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, beklagt eine Tendenz zur „Entmachtung, politischen Okkupation oder Abschaffung der Verfassungsgerichtsbarkeit“. Die aktuelle Situation sei „zutiefst beunruhigend“, so Voßkuhle in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“.
Eine solche Entwicklung stehe „jeweils am Beginn totalitärer Herrschaft“. Seit etwa 15 Jahren „erleben wir den Rückbau und Bedeutungsverlust der Verfassungsgerichte in vielen Ländern.“ Um die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts besser zu schützen, schlägt Voßkuhle eine Änderung des Grundgesetzes vor. Dass die Richter des Verfassungsgerichts mit Zweidrittelmehrheit abwechselnd vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden müssen und dass ihre Amtszeit unwiderruflich nach zwölf Jahren endet, halte er für „so bedeutend, dass ich eine Absicherung im Grundgesetz begrüßen würde“. Dann ließen sich diese Normen auch nur noch mit Zweidrittelmehrheit wieder ändern. Weitergehende Änderungen lehnt der Verfassungsrechtler Voßkuhle, der an der Universität Freiburg lehrt, hingegen ab. Er sei „skeptisch“, alle Vorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, die die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts garantieren, in die Verfassung zu überführen. Das, so Voßkuhle, würde „den Handlungsspielraum des Gesetzgebers zu stark einengen“.
Foto: Ausgabe des Grundgesetzes in einer Bibliothek (Archiv) [dts]