Die Bundesregierung geht davon aus, dass die öffentlichen Schulden den deutschen Staat in den nächsten Jahren weniger als befürchtet belasten werden. Das geht aus einer internen Projektion des Bundesfinanzministeriums hervor, über welche die FAZ (Montagsausgabe) berichtet.
Für das Jahr 2023 erwarten die Fachleute von Christian Lindner (FDP) demnach nur noch eine Finanzlücke von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; zuvor hatten sie die Ausgaben von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen deutlich stärker über den Einnahmen gesehen. Im Stabilitätsprogramm, welches das Kabinett Ende April beschlossen hat, wird das Defizit für dieses Jahr auf 4,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffert. Grund für die Abweichung ist laut FAZ der unterstellte Mittelabfluss aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Als das Stabilitätsprogramm erarbeitet wurde, hat man unterstellt, dass das „Sondervermögen“ die Kreditermächtigung komplett benötigen wird – und die allermeisten Mittel dieses Jahr abfließen. Nachdem sich die Energiemärkte in deutlich entspannterer Verfassung als kurz nach Russlands Überfall auf die Ukraine zeigen, wird ein deutlich geringerer Mittelabfluss unterstellt. Starke Kräfte in den Reihen von SPD und Grünen würden am liebsten die absehbar nicht benötigten Mittel in dem Sondervermögen für andere Zwecke nutzen, beispielsweise um die Stromkosten für große Industrieunternehmen spürbar senken zu können. Lindner widersetzt sich dem: Nach seiner Einschätzung dürfen die Mittel aus dem Fonds nur verwendet werden, um den Energiepreisschock nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zu bewältigen. Weitere Maßnahmen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu finanzieren, würde dem Zweck des Sondervermögens widersprechen, argumentiert der FDP-Politiker. In den nächsten Jahren könnte die Defizitquote zwar leicht höher ausfallen als im April unterstellt (2024: 2 statt 1,75 Prozent, 2026 1,25 Prozent statt 0,75 Prozent), aber der Anteil der Staatsschulden fällt gleichwohl geringer aus als zuletzt gedacht. Das ist wohl auf den Basiseffekt mit dem geringeren Defizit in diesem Jahr zurückzuführen. Nach der aktuellen Projektion sinkt diese Quote dieses Jahr auf 65,5 Prozent – nach 66,1 Prozent im Jahr 2022. Im April war man von einer Schuldenquote von knapp 67,8 Prozent zum Ende dieses Jahres ausgegangen. In den folgenden drei Jahren soll sie nach der neuesten Schätzung bei 65 Prozent verharren, erst 2027 wird ein weiterer kleiner Rückgang auf 64,5 Prozent erwartet. Zuletzt endete die Betrachtung 2026 mit einer Quote von 65,5 Prozent Im Finanzministerium sieht man sich durch die neue Projektion bestätigt. In ihr spiegele sich die Trendumkehr von einer expansiven hin zu einer moderat restriktiven Finanzpolitik, heißt es. „Mit der Rückkehr zur Regelobergrenze der Schuldenregel in 2023 und der eingeleiteten Haushaltskonsolidierung kann der Schuldenstand nachhaltig gesenkt werden“, berichtet die FAZ. Dieser Kurs sei nicht nur verfassungsrechtlich und ökonomisch geboten, gerade in Zeiten nach wie vor hoher Inflationsraten.
Auch der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt schreibe ihn vor.
Foto: Schuldenuhr (Archiv) [dts]