Öffentliche Verschuldung weiter angewachsen

Die öffentliche Verschuldung in Deutschland ist im 2. Quartal 2023 weiter angewachsen. Der Gesamthaushalt war beim nicht-öffentlichen Bereich zum Ende des Quartals mit 2.417,0 Milliarden Euro verschuldet, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit.

Damit stieg die öffentliche Verschuldung gegenüber dem Jahresende 2022 um 2,1 Prozent oder 49,0 Milliarden Euro. Gegenüber dem 1. Quartal 2023 nahm die Verschuldung um 0,4 Prozent oder 10,4 Milliarden Euro zu. Bei den Ergebnissen ist zu beachten, dass ab dem 2. Quartal 2023 die Schulden aller öffentlich bestimmten Verkehrsunternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in die Berechnung des öffentlichen Schuldenstandes einbezogen werden. Hintergrund dafür ist, dass zur Finanzierung des zum 1. Mai 2023 eingeführten 49-Euro-Tickets die öffentlichen ÖPNV-Unternehmen Zuweisungen und Zuschüsse von Bund und Ländern erhalten. Dadurch finanzieren sie sich nicht mehr überwiegend durch ihre Umsatzerlöse und werden nach dem Konzept der Finanzstatistiken ausnahmslos als Extrahaushalte klassifiziert, wodurch ihre Schulden in die Statistik einfließen. Ohne Einbezug der neu in die Statistik aufgenommenen ÖPNV-Unternehmen würde der Schuldenstand im 2. Quartal 2023 mit 2.408,6 Milliarden Euro um 8,4 Milliarden Euro niedriger ausfallen. Die Veränderung gegenüber dem Jahresende 2022 würde dann +1,7 Prozent oder +40,6 Milliarden Euro betragen. Gegenüber dem 1. Quartal 2023 läge ein Schuldenanstieg um 0,1 Prozent oder 2,0 Milliarden Euro vor. Die Schulden des Bundes stiegen im 2. Quartal 2023 gegenüber dem Jahresende 2022 um 3,0 Prozent beziehungsweise 49,2 Milliarden Euro. Gründe für den Anstieg waren eine höhere Emission von Wertpapieren und ein erhöhter Finanzierungsbedarf infolge der Energiekrise im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Der Schuldenanstieg des Bundes ist somit zum Teil auf seine Extrahaushalte („Sondervermögen“) zurückzuführen. Den größten Anteil daran hatte der im November 2022 gegründete Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie, dessen Verschuldung bis Ende Juni 2023 gegenüber dem Jahresende 2022 um 29,6 Milliarden Euro auf 59,8 Milliarden Euro (+98,0 Prozent) zunahm. Die Schulden des „Sondervermögens Bundeswehr“, das im 1. Quartal 2023 erstmals eine Verschuldung nachwies, stiegen zum Ende des 2. Quartals 2023 gegenüber dem 1. Quartal 2023 um 446,8 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro (+55,7 Prozent). Die Verschuldung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Corona sank gegenüber Ende 2022 dagegen um 6,4 Milliarden Euro auf 46,0 Milliarden Euro (-12,2 Prozent). Da ÖPNV-Unternehmen der Bundesebene nur beim öffentlichen Bereich verschuldet sind, hatte die Einführung des Deutschland-Tickets keine Auswirkung auf den Schuldenstand des Bundes. Die Länder waren am Ende des 2. Quartals 2023 mit 597,7 Milliarden Euro verschuldet, das waren 1,5 Prozent oder 9,2 Milliarden Euro weniger als am Jahresende 2022. Gegenüber dem 1. Quartal 2023 verzeichneten die Länder einen Schuldenrückgang um 1,1 Prozent oder 6,4 Milliarden Euro. Ohne die Einbeziehung der Schulden der neu hinzugekommenen ÖPNV-Unternehmen hätte der Schuldenrückgang gegenüber dem Jahresende 2,1 Prozent oder 12,5 Milliarden Euro auf 594,4 Milliarden Euro betragen, gegenüber dem 1. Quartal 2023 wären die Schulden um 1,6 Prozent oder 9,8 Milliarden Euro gesunken. Die stärksten prozentualen Schuldenrückgänge gegenüber dem Jahresende 2022 wurden für Bayern (-18,1 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (-11,6 Prozent) und Schleswig-Holstein (-6,0 Prozent) ermittelt. Der Rückgang in Bayern resultiert vor allem aus einer fällig gewordenen Anleihe, die angesichts vorübergehend vorhandener Liquidität noch nicht in voller Höhe anschlussfinanziert werden musste.

Auch in den anderen beiden Ländern ergaben sich die Rückgänge aus einer niedrigeren Emission von Wertpapieren. Dagegen stiegen die Schulden gegenüber dem Jahresende 2022 prozentual am stärksten in Brandenburg (+5,7 Prozent), Sachsen (+4,1 Prozent) und Berlin (+3,5 Prozent). In allen drei Ländern waren die Anstiege bedingt durch eine höhere Emission von Wertpapieren. In Berlin begründet sich zudem der Anstieg unter anderem durch die Berücksichtigung der neu in die Statistik einbezogenen öffentlichen ÖPNV-Unternehmen im 2. Quartal 2023.

Ohne diese wäre in Berlin lediglich ein Schuldenanstieg von 1,6 Prozent zu verzeichnen gewesen. Entgegen der Entwicklung bei den Ländern nahm die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände im 2. Quartal 2023 zu. Sie stieg gegenüber dem Jahresende 2022 um 6,4 Prozent oder 9,0 Milliarden Euro auf 149,8 Milliarden Euro. Gegenüber dem 1. Quartal 2023 stiegen die kommunalen Schulden um 4,8 Prozent oder 6,9 Milliarden Euro. Ohne Berücksichtigung der Schulden der neu hinzugekommenen öffentlichen ÖPNV-Unternehmen wäre die Verschuldung im 2. Quartal 2023 gegenüber dem Jahresende 2022 um 2,8 Prozent oder 3,9 Milliarden Euro auf 144,7 Milliarden Euro gestiegen, gegenüber dem 1. Quartal 2023 hätte der Anstieg bei 1,3 Prozent oder 1,8 Milliarden Euro gelegen. Den höchsten prozentualen Schuldenanstieg wiesen die Gemeinden und Gemeindeverbände in Baden-Württemberg auf (+12,0 Prozent), gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (+10,1 Prozent) und Sachsen (+7,5 Prozent). Ohne die Einbeziehung der neu in die Statistik aufgenommenen öffentlichen Verkehrsunternehmen im ÖPNV wäre die Verschuldung in Baden-Württemberg nur um 3,0 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern um 5,0 Prozent gestiegen, in Sachsen wäre sie sogar um 1,4 Prozent gesunken. Einen Rückgang der Verschuldung gab es nur im Saarland (-1,1 Prozent; ohne neu hinzugekommene öffentliche Verkehrsunternehmen im ÖPNV: -1,2 Prozent).

Die Verschuldung der Sozialversicherung hat sich im 2. Quartal 2023 gegenüber dem Jahresende nahezu halbiert, sie sank von 21,6 Millionen Euro auf 10,9 Millionen Euro, dies war ein Rückgang von 10,7 Millionen Euro beziehungsweise 49,6 Prozent gegenüber dem Jahresende 2022, so die Statistiker.

Foto: Schuldenuhr (Archiv) [dts]

 

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