Ottmar Edenhofer, Direktor des renommierten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, hält das Ziel des Pariser Weltklimaabkommens für unerreichbar, den durchschnittlichen Anstieg der Erdtemperatur möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Uns läuft die Zeit davon. Ich gehe davon aus, dass wir das 1,5-Grad-Ziel zumindest für einige Dekaden überschreiten werden“, sagte Edenhofer dem „Spiegel“.
„Das beunruhigt mich.“ Beim Überschreiten der 1,5-Grad-Marke droht ein großer Teil der weltweiten Korallenriffe abzusterben. Zudem könnten Kipppunkte wie etwa das großflächige Abschmelzen des grönländischen Eisschildes ausgelöst werden – was die Erhitzung nochmals beschleunigen würde. Die Temperaturen könnten Edenhofer zufolge in der Zukunft wieder unter die 1,5 Grad-Marke gesenkt werden, hierzu allerdings müssten die Emissionen stark heruntergefahren sowie Massen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre zurückgeholt und etwa in den Boden geleitet werden, sagte der 62-jährige Klimaforscher dem „Spiegel“. „Im Kern bedeutet das: Wir müssen eine planetarische Müllabfuhr aufbauen, die den Mist, den wir angerichtet haben, wieder einsammelt.“ Die gehäuften Extremwetterereignisse der vergangenen Wochen, wie die Überflutungen in Griechenland, Hitzerekorde in Spanien und Dammbrüche in Libyen, bezeichnete Edenhofer als „bittere Bestätigung“ und Schock: „Vorhergesagt haben wir das alles seit Jahren – und jetzt spüren wir, was es wirklich heißt, in einer 1,5-Grad-Welt zu leben“, sagte der Ökonom dem „Spiegel“. „Die wirtschaftlichen Schäden sind noch größer als bislang gedacht: schon im Jahr 2030 bis zu 420 US-Dollar je zusätzlich ausgestoßener Tonne Kohlendioxid.“ Immerhin habe dies auch eine positive Seite, so Edenhofer: „Wenn wir jetzt sicher wissen, dass uns die Erderhitzung ärmer macht, bedeutet das zugleich: Klimaschutz ist Wohlstandssicherung.“
Foto: Die Erde aus dem Weltraum aufgenommen (Archiv) [dts]