Nach Einschätzung von Peter Neumann, Extremismusforscher vom Kings College in London, kann ein großer Teil derer, die aktuell der AfD zuneigen, wieder für demokratische Parteien gewonnen werden. Knapp die Hälfte der AfD-Sympathisanten seien Protestwähler, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
„Die haben kein geschlossen rechtes Weltbild“, so Neumann. „Einen großen Teil der Wähler kann man wieder zurückholen.“ Der Wählerstamm, der schon bei der letzten Bundestagswahl für die Partei gestimmt habe, als sie vergleichsweise schwach gewesen sei, nannte er im Vergleich dazu „Überzeugungstäter“. „Die AfD ist mittlerweile eine antidemokratische Partei, die AfD ist rechtsextrem“, führte Neumann aus. Ihre Wähler seien es nicht zu 100 Prozent. „Der Trick ist, die Wähler anzusprechen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten“, so der Politikwissenschaftler, der 2021 im Teil des Wahlkampf-Teams von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet war. „Mit der Partei kann es keine Zusammenarbeit geben.“ Es sei wichtig, zu verstehen und zu erklären, was die AfD beabsichtige.
Die Partei will nach Einschätzung Neumanns „eine Art illiberale Demokratie nach ungarischem Vorbild“ auch in Deutschland. Sie arbeite auf eine schrittweise Aushöhlung der Demokratie hin. „Stück für Stück würden alle Kontrollinstanzen wie die Medien, das Parlament, die Gerichte untergraben, mit eigenen Leuten besetzt und in ihren Rechten beschnitten werden. Bis am Ende nur noch die Exekutive bleibt und so wie in Ungarn machen kann, was sie will.“ Über die Abstimmung im Erfurter Landtag, bei der die CDU in der vergangenen Woche mit Stimmen von FDP und AfD eine Steuersenkung durchsetzte, sagte Neumann: „Ich glaube nicht, dass es ein Dammbruch ist.“
Gleichwohl habe die Brandmauer der CDU zur AfD im Osten „deutliche Risse“, während sie im Westen stabil sei, sagte Neumann den Funke-Zeitungen. „Das ist für die Führung der Partei eine riesige Herausforderung.“ Sollte die AfD bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr mehr als 30 Prozent holen, sei allerdings „die Gefahr groß, dass es tatsächlich zu einem Dammbruch kommt“, sagte der Extremismus-Forscher.
Foto: AfD-Logo auf Bundesparteitag (Archiv) [dts]