Der Vizevorsitzende des Geheimdienstgremiums im Bundestag, Roderich Kiesewetter (CDU), sieht die deutschen Nachrichtendienste für die aktuellen Herausforderungen nur unzureichend gewappnet. „Unsere eigenen Dienste sind offensichtlich nicht ausreichend leistungsfähig, zumal wir mit neuen Bedrohungen im Rahmen des hybriden Krieges gegen Deutschland konfrontiert sind“, sagte Kiesewetter dem „Handelsblatt“.
Deutschland sei bei der Nachrichtengewinnung „vielfach von den USA abhängig“. Als Konsequenz forderte der CDU-Abgeordnete eine bessere Ausstattung der Geheimdienste. Künftig müsse eine „Bedrohungsgesamtrechnung“ aufgestellt werden, aus der Ableitungen zum Schutz der Gesellschaft getroffen werden müssten. „Dabei müssen wir die strukturelle, finanzielle wie personelle Ausstattung der Nachrichtendienste und die Gesetzeslage an die breitere Bedrohungslage anpassen.“ Dies betreffe etwa technische Fähigkeiten und Aufklärungstools insbesondere im Bereich der Aufklärung von Finanzströmen. Auch der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, sieht Handlungsbedarf. „In Deutschland habe ich zunehmend den Eindruck, dass wir mehr mit Kontrollpflichten und Berichten als mit unserer eigentlichen Aufgabe der Gefahrenabwehr und Aufklärung von Gefahren beschäftigt sind“, sagte Kramer dem „Handelsblatt“. „Das Misstrauen in die Arbeit der Behörden steht an erster Stelle, und das ist keine gesunde Einstellung und Basis für eine erfolgreiche Verteidigung unserer Sicherheit.“ Kramer mahnte, die Vorgaben für die Nachrichtendienste angesichts der aktuellen Bedrohungslagen „dringend“ zu überdenken. Eine Kooperation mit ausländischen Partnerdiensten setze auch immer voraus, dass man Informationen austauschen könne und nicht nur abgreife.
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