Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat wiederkehrende Rufe der FDP und der Opposition nach längeren AKW-Laufzeiten kritisiert. „Machen wir uns nichts vor: Wenn wir jetzt neue Brennstäbe kaufen würden, laufen die alten Kernkraftwerke womöglich noch 20 Jahre“, sagte Bas der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Die Risiken seien hoch, wie die massiven Probleme in Frankreich zeigten. „Wir sollten es definitiv bei der letzten Verlängerung bis April 2023 belassen, diese Debatte beenden und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen.“ Die Energiewende sei viel zu lange blockiert worden, „weil wir uns auf Putins billiges Gas und Öl verlassen haben“, beklagte Bas und mahnte: „Ein Festhalten an der Atomkraft würde die notwendige Transformation erneut ausbremsen.“ Zudem seien zahlreiche Probleme bis heute nicht gelöst, „allen voran der Atommüll, den niemand haben möchte“.
Forderungen nach längeren AKW-Laufzeiten kommen allerdings nicht nur aus Teilen der Politik: So fordert zum Beispiel auch die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier die Bundesregierung auf, die verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke länger als geplant am Netz zu lassen. „Inzwischen wissen wir: Der Winter 2023/2024 wird nicht unbedingt leichter“, sagte die Ökonomin von der US-Universität Berkeley dem „Handelsblatt“. Deswegen gelte es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, und da gehörten die Atomkraftwerke dazu, sagte Malmendier, die seit dem Sommer Mitglied des Sachverständigenrats ist. Die Bundesregierung dürfe diese Entscheidung auch nicht wieder aufschieben, damit die Betreiber sich darauf vorbereiten und neue Brennstäbe beschaffen könnten.
Die Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 sollen bislang im April 2023 abgeschaltet werden. Malmendier kritisierte, dass das bisherige Vorgehen der Bundesregierung bei den Atomkraftwerken in den USA für Unmut gesorgt habe. „Ich glaube, Olaf Scholz ist dort noch nicht so ganz angekommen.“ Scholz habe in den USA für Verwirrung gesorgt, weil er bei den Atomkraftwerken erst so spät eingegriffen habe, während zunächst weiter Gas aus Russland gekommen sei.
Foto: Atomkraftwerk [dts]