Bundesregierung und Wirtschaft suchen nach neuer China-Strategie

Politik und Industrie wollen die Abhängigkeit von China verringern – allerdings erst langfristig. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte der „Welt am Sonntag“: „Ein Abkoppeln unserer Wirtschaft vom chinesischen Markt wäre nicht im Interesse der Arbeitsplätze in Deutschland. Andere würden unseren Platz einnehmen.“ Über die kommenden Jahre und Jahrzehnte müssten andere Weltregionen und Märkte „nach und nach“ wichtiger werden.

„Dafür müssen die politischen Voraussetzungen verbessert werden“, sagte Lindner. Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour will ebenfalls die Handelsbeziehungen aufrechterhalten: „Das Gebot der Stunde ist nicht weniger Kooperation, sondern weniger Abhängigkeit.“ Das gelte etwa für kritische Infrastruktur und medizinische Produkte. Unternehmen sollten ihre Investitionsentscheidungen selbst treffen, müssten sich aber darüber im Klaren sein, dass das „Märchen vom autoritären Staat mit einem freien Markt“ ausgeträumt sei, so der Grünen-Politiker. Auch müsse man das Szenario eines chinesischen Überfalls auf Taiwan ernster nehmen und sich auf die folgende Krise vorbereiten. „Deren Konsequenzen wären weit gravierender als im Falle Russlands, weil China eine Großmacht und kein wirtschaftlicher Zwerg ist“, sagte Nouripour. Friedrich Merz zufolge ist China unter Xi Xinping für deutsche Unternehmen ein Land mit „hohem Risiko“ geworden. Wegen seiner weltwirtschaftlichen Bedeutung müsse Deutschland aber dort vertreten sein, um nicht den Anschluss an neue Trends und viele Kunden zu verlieren. „Eine Untersagung privater Investitionen durch den Staat wäre falsch“, sagte der CDU-Vorsitzende. Angesichts der gestiegenen weltwirtschaftlichen und geopolitischen Risiken müsse die deutsche Außenwirtschaftspolitik neu strukturiert und geordnet werden. „Deutschland braucht eine Institution, in der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam die politischen Risiken abschätzen und bewerten“, sagte Merz. Der Präsident des Maschinenbauverbandes VDMA, Karl Haeusgen, wirbt für eine „ganzheitliche“ Strategie. „Wir sollten uns ein Stück weit von der Naivität der Vergangenheit verabschieden, in der wir zu einseitig auf Wachstum fixiert waren.“ Die Neubewertung dürfe aber nicht in einen „Anti-China-Reflex umkippen“, so Haeusgen. Das Land sei und bleibe ein wichtiger Markt.

Foto: Chinesische Flagge [dts]

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