Bei den Verspätungen von Fernzügen der Deutschen Bahn gibt es regional deutliche Unterschiede. Das zeigt eine Analyse von Daten des Portals „Zugfinder“, über die der „Spiegel“ berichtet – mit einer Grundlage von über 8,6 Millionen Fernzug-Halten an deutschen Bahnhöfen in den vergangenen drei Jahren.
Vergleichsweise gut sah es dabei in Mecklenburg-Vorpommern und Teilen Niedersachsens aus. Dort waren an vielen Bahnhöfen mindestens 80 Prozent aller IC und ICE pünktlich. Am unteren Ende der Skala finden sich Bahnhöfe wie Bonn, Gelsenkirchen und Mainz: Dort kam im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller Fernzüge zu spät. Als Hauptursache für die vielen Verspätungen gilt die marode und überlastete Infrastruktur.
Die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium wollen dieses Problem mit einer sogenannten Korridorsanierung lösen. Dabei geht es um hoch belastete Abschnitte wie die Strecke zwischen Karlsruhe und Basel, das Mittelrheintal und die Knoten Hamburg-Hannover, Frankfurt oder Stuttgart. 3.500 Kilometer Bahnstrecken gehören laut Verkehrsministerium zu diesen Abschnitten. Sie machen rund zehn Prozent des Netzes aus – und 25 Prozent aller Zugfahrten.
Die Auslastung liege dort bereits ohne Baustellen bei 125 Prozent. Züge, die mehrere dieser Problemzonen nacheinander durchqueren, haben kaum eine Chance, ihr Ziel pünktlich zu erreichen. Beispiel: Der tägliche Abendzug ICE 572 von Stuttgart nach Hamburg kommt über alle Haltestellen gerechnet auf eine Pünktlichkeitsquote von nur 40 Prozent. Bereits in Frankfurt hat er im Schnitt 14 Minuten Verspätung.
In Hamburg sind es im Mittel 24 Minuten. Auf eine baldige Besserung der Pünktlichkeit müssen die Bahnreisenden wohl noch länger warten. „Kurzfristig kann man fast nichts tun“, sagte Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Instandsetzung und Ausbau der Infrastruktur dauerten Jahre bis Jahrzehnte.
Laut offizieller Bahnstatistik waren in 2022 nur 65 Prozent der Halte von ICE, IC und EC pünktlich, von 2011 bis 2021 hatte die Pünktlichkeitsquote fast immer über 75 Prozent gelegen, und im ersten Coronajahr 2020 sogar bei über 80 Prozent.
Foto: Anzeigetafel mit Warnhinweisen [dts]