Der Deutsche Städtetag fordert Sofortmaßnahmen von Bund, Ländern und Ärzten, um die derzeitige Notlage in der medizinischen Versorgung abzumildern. An niedergelassene Ärzte richtete Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy eine „dringende Bitte“: „Bitte prüfen Sie, ihre Praxen auch noch nach 18 Uhr, am Samstag und Sonntag und an den Feiertagen offen zu halten“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben).
„Kinderkliniken, Notfallambulanzen der Krankenhäuser und Rettungsdienste arbeiten am Limit.“ Die Städte würden befürchten, dass sich die schon jetzt sehr kritische Lage über Weihnachten und Silvester weiter zuspitzt. Man appelliere an Bund, Länder und die niedergelassenen Ärzte, die dramatische Krise in der Akutversorgung mit Sofortmaßnahmen zu lindern, so Dedy. Die Krankenhäuser bräuchten finanziell und rechtlich „mehr Beinfreiheit“, um improvisieren zu können. „Sanktionen bei Verstößen gegen Vorgaben von Personalschlüsseln, Dokumentationspflichten oder das Vorhalten von Intensivbetten sind vorübergehend auszusetzen“, sagte der Hauptführer des Deutschen Städtetages. Kliniken, die auf finanziell attraktivere, aber nicht notwendige Behandlungen verzichten, um stattdessen die schlecht bezahlte Notfallbehandlung durchzuführen, müssten dafür entschädigt werden. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern forderte er auf, „unmissverständlich“ klarzumachen, dass bei einfachen Erkrankungen die Nummer der ambulanten Notfallversorgung der niedergelassenen Ärzte, die 116117, gewählt werden muss. „Die 112 des örtlichen Rettungsdienstes ist nur in wirklichen Notfällen zu wählen“, so Dedy. „Rettungswagen und ihr Personal sind zu wichtig für Bagatellunfälle oder einfachen Krankentransport. Ihr Auftrag ist es, Leben zu retten.“ Auch die Notfallambulanzen dürften nicht durch Menschen mit einfachen Erkältungskrankheiten oder einem verstauchten Fuß „verstopft“ werden. Laut Dedy gibt es derzeit zahlreiche Belastungsanzeigen aus den Städten und kommunalen Kliniken.
Viele Besatzungen von Rettungswagen fänden in Notfällen kaum freie Kapazitäten in Krankenhäusern und müssten mehrere Kliniken anfahren. Insbesondere viele Kinderkliniken kämen bei der Versorgung in der aktuellen Infektionswelle an ihre Grenzen, zudem seien bestimmte Medikamente Mangelware. „Das ist besorgniserregend und offenbart auch strukturelle Mängel in unserem Gesundheitssystem“, sagte er. „Diese dürfen nicht länger beiseitegeschoben werden.“
Foto: Behandlungszimmer beim Arzt [dts]