Kritik an Lauterbach wegen Impfstoff-Überschuss wächst

Im Blick auf den Überschuss an verfügbaren Corona-Impfdosen wächst die Kritik an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Wolfgang Kubicki, Vize-Vorsitzender der FDP, sagte der „Welt am Sonntag“, die Bestellung von absehbar überflüssigen Impfstoffen in Milliardenhöhe sei eine „unglaubliche Fehlkalkulation“ auf Kosten der Steuerzahler.

„Ich gehe davon aus, dass der Bundesgesundheitsminister alle Hebel in Bewegung setzt, um die bereits bestellten Impfstoffe wieder abzubestellen. Für diese Aufgabe wünsche ich ihm viel Glück und Erfolg.“ Die Bundesregierung hat aktuell rund 151 Millionen Dosen auf Lager und ist zur Abnahme von weiteren rund 130 Millionen bis Ende 2023 verpflichtet. Sofern sich die Corona-Situation nicht grundlegend verändert, wird ein Großteil der Dosen verfallen. „Vor einem Jahr stürzte sich Minister Lauterbach in einen milliardenschweren Impfstoff-Kaufrausch, der bis heute beispiellos ist“, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge der „Welt am Sonntag“: „Damals sprach er von einem angeblichen Impfstoff-Mangel, der bis heute nie eingetreten ist. Im Gegenteil.“ Lauterbach habe Impfraten prognostiziert, „die fernab der Realität lagen und nie erreicht wurden“. Auch Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, beklagte in der „Welt am Sonntag“ die „gigantische Verschwendung nicht nur von Steuergeldern, sondern auch von wertvollen Impfstoffen, die in anderen Teilen der Welt fehlen“. Spätestens seit der Schweinegrippe hätte im Bundesgesundheitsministerium bekannt sein müssen, dass die Bestellung von großen Mengen Impfstoffen und Medikamenten mit fester Abnahmeverpflichtung dazu führen kann, dass am Ende große Mengen davon vernichtet werden müssen. „Ich halte es für einen Skandal, dass jetzt wieder solche Verträge abgeschlossen wurden und man im Nachhinein versuchen muss, diese Klauseln zu entschärfen“, sagte Vogler. Tatsächlich befinden sich die Bundesregierung und die Europäische Union aktuell in Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern, die ausstehenden Lieferungen zu reduzieren oder gar zu stornieren. Erste Ergebnisse der Gespräche werden für Anfang kommenden Jahres erwartet. Der Münchner Medizinrechtler Andreas Spickhoff hält die Erfolgsaussichten für gering. „Generell gilt: pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten, auch wenn sie sich später für eine Seite als nachteilig herausstellen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Die nicht vorhersehbare Entwicklung der Covid-Pandemie sei „sicher kein Umstand, der eine schwerwiegende Änderung der vertraglichen Grundlage auslöst“. Das Risiko sei von vornherein allen Beteiligten klar gewesen, die Pharmaindustrie habe sich in ihren Produktionsplanungen auf die vertraglich vereinbarten Mengen eingestellt. Einen Rechtsanspruch auf die nachträgliche Reduzierung der Bestellungen sieht er – zumindest auf den ersten Blick – daher nicht. Vielmehr müsse man auf ein „freiwilliges Entgegenkommen“ seitens der Pharmaindustrie hoffen. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, sagte der „Welt am Sonntag“, die Nachverhandlungen seien „eine gute Nachricht: Die Bundesregierung macht sich kritische Gedanken um Tauglichkeit und Richtigkeit eines Vorgangs – um längst bestellte Impfstoffmengen einerseits und die aktuelle Nachfrage andererseits.“ Schließlich gehe es darum, auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu achten, so Holznagel.

Foto: Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer [dts]

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