Der Preisdeckel des Westens auf russisches Tankeröl erhöht nach Einschätzung des Russland- und Energieexperten Adnan Vatansever die Gefahr einer Ölkatastrophe auf dem Meer. „Das Risiko eines Tanker-Unglücks ist so groß wie lange nicht mehr“, sagte der Leiter des Russland-Instituts am Londoner King`s College dem „Spiegel“.
Grund hierfür sei, dass Russland eine sogenannte „Schattenflotte“ aus mindestens 100 gebrauchten Tankern zusammengekauft habe, um die Restriktionen des Westens zu umschiffen. „Die meisten dieser Schiffe sind ziemlich alt“, sagte Vatansever. „Ich weiß nicht, in welchem Zustand zum Beispiel die Schiffe aus Iran und Venezuela sind – Staaten, deren Wirtschaft seit Jahren unter westlichen Sanktionen leidet. Ob es genügend Ersatzteile gibt, kann ich nicht beurteilen. Und während die westlichen Versicherungsunternehmen die Tanker genau auf ihren Zustand überprüfen lassen, bezweifle ich, dass das den russischen Versicherern auch so wichtig ist.“ Versicherungsunternehmen aus der EU und Großbritannien dürfen die Transporte nur noch versichern, wenn das russische Rohöl maximal 60 US-Dollar je Fass (159 Liter) kostet. Vatansever bezweifelt, dass es Moskau gelingen wird, ohne westliche Schiffe auszukommen. „Die `Schattenflotte` ist nicht groß genug. Laut Insidern würde die russische Ölindustrie etwa 240 Tanker benötigen, um ihre Exporte vor Rohöl und Produkten wie Benzin und Diesel abzuwickeln.“ Und wenn das Öl in asiatische Länder statt nach Europa transportiert werde, seien die Wege länger, und die Logistik werde schwieriger. „Ich könnte mir vorstellen, dass Russland einen Teil seines Öls mit westlichen Tankern befördert – sowie einen anderen Teil über die `Schattenflotte`“, sagte der Experte.
Foto: Öltanks [dts]