Die ukrainischen Träger des Friedensnobelpreises fordern ein internationales Tribunal zur Verfolgung von in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen. Die Geschichte Osteuropas zeige, „dass es keinen dauerhaften Frieden ohne Gerechtigkeit geben wird“, sagte die Menschenrechtlerin Oleksandra Matwijtschuk der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Sie ist die Vorsitzende des Kiewer „Zentrums für bürgerliche Freiheiten“. Was derzeit in der Ukraine geschehe, sei „ein Ergebnis der totalen Straflosigkeit, die Russland über Jahrzehnte genossen hat“. Russische Truppen hätten auch in Tschetschenien, Georgien, Syrien und anderen Ländern schon Kriegsverbrechen begangen: „Wir müssen diesen Kreislauf der Straflosigkeit stoppen.“ Werde Putin nicht in der Ukraine aufgehalten, werde er weiter gehen: „Das ist kein Krieg zwischen zwei Staaten, es ist ein Krieg zwischen Autoritarismus und Demokratie.“ Das von Matwijtschuk geleitete Zentrum dokumentiert gemeinsam mit anderen ukrainischen Organisationen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine Gräueltaten. „Ich bin keine Historikerin, ich bin Menschenrechtlerin. Wir dokumentieren diese Verbrechen nicht für nationale Archive, sondern um Putin, Lukaschenko und andere Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen.“ Mit der rechtlichen Aufarbeitung des Geschehens solle nicht erst nach dem Krieg begonnen werden: „Wir können dieses Tribunal schon jetzt schaffen.“ Auf die Frage, wo das Tribunal angesiedelt werden solle, antwortete Matwijtschuk: „Ich will, dass dieses internationale Tribunal in der Ukraine ist, weil die Gerechtigkeit für die Menschen, die gelitten haben, sichtbar sein muss.“ Zur Kritik mancher Ukrainer daran, dass der Friedensnobelpreis dieses Jahr zu gleichen Teilen in die Ukraine, nach Russland und Weißrussland geht, sagte Matwijtschuk, man müsse sie im Kontext der ukrainischen Geschichte sehen; die Aufteilung erinnere an die falsche Losung von der Brüderlichkeit der Nationen in der Sowjetunion. Sie sehe das aber anders: „Es geht um das alte Motte: Für unsere und eure Freiheit. Gewürdigt werden die gemeinsamen Anstrengungen von Menschen, die seit Jahrzehnten die Menschenrechte verteidigen.“
Foto: Ukrainische Flagge in Kiew [dts]