Der Hamburger Politikwissenschaftler und Terrorismusexperte Wolfgang Kraushaar hält Vergleiche zwischen den Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ und Mitgliedern der RAF für abwegig. „Die Politik täte gut daran, sich nicht in den gleichen Überbietungswettbewerb zu begeben, in dem sich die `Letzte Generation` bereits befindet“, sagte Kraushaar dem „Spiegel“.
„Mit der Terrorismuskeule auf die `Letzte Generation` und ihre letzten Endes immer noch zurückhaltenden Akteure einzuprügeln ist reichlich absurd.“ Die Vorstufen zum Terrorismus bei der RAF seien auf dem Höhepunkt der 1968er-Unruhen zwei Anschläge auf Warenhäuser in Frankfurt am Main gewesen. „Unter den Tätern waren Gudrun Ensslin und Andreas Baader, die späteren Führungsfiguren der RAF“, sagte Kraushaar. Eine solche Vorstufe sei bei der „Letzten Generation“ nicht erkennbar.
Der Forscher hält Gruppen wie die „Letzte Generation“ für machtlos. „Es ist offensichtlich, dass das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, nicht erreicht wird. Aktivisten, die sich auf der Straße ankleben oder ein Gemälde beschmieren, können daran nichts ändern.“ Aus diesem Grund seien auch die Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung heute wirkungslos.
„Fridays for Future sind am Ende ihrer eigenen Logik angekommen, also immer mehr zu mobilisieren, immer lauter zu werden, gleichzeitig immer stärker zu beklagen, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht werden kann“, sagte Kraushaar. „Das hat sie nicht weitergebracht, und das wissen sie auch.“
Foto: „Letzte Generation“ am 09.11.2022 auf dem Brandenburger Tor [dts]